17.12.2021

Nachbericht zu den Online-Vorträgen "Ethische Fragen in der COVID-19-Pandemie" und "COVID-19-Pandemie: Gegenwärtiger Stand und Zukunftsperspektiven"

Prof. Dr. Alena Buyx: „Ethische Fragen in der COVID-19-Pandemie“ und Prof. Dr. Dr. Karl Lauterbach zu „COVID-19-Pandemie: Gegenwärtiger Stand und Zukunftsperspektiven“

Berlin, November 2021. Der zweite Teil der Online-Vorträge der Oberberg Gruppe lief unter dem Titel „Die COVID-19-Pandemie – Quo vadis?“. Die in diesem Jahr letzte Veranstaltung der Serie wartete gleich mit zwei hochkarätig besetzten Gesprächen auf. Prof. Dr. Dr. Matthias J. Müller, Ärztlicher Direktor/Medizinischer Geschäftsführer und CEO der Oberberg Gruppe, sprach mit Prof. Dr. Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, zum Thema „Ethische Fragen in der COVID-19-Pandemie“. Anschließend folgte ein Gespräch zwischen Prof. Dr. Mathias Berger, Vorsitzender des Scientific Boards der Oberberg Gruppe, und Prof. Dr. Dr. Karl Lauterbach, Mitglied des Deutschen Bundestags (SPD), zum Thema „COVID-19-Pandemie: Gegenwärtiger Stand und Zukunftsperspektiven“. Diese vorerst letzte Online-Veranstaltung sahen über 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Fach- und Laienkreisen.

 

Prof. Dr. Alena Buyx und Prof. Dr. Dr. Matthias J. Müller sprachen zum Stellenwert der Ethik während der Pandemie im Spannungsfeld von Medizin, Politik und Recht. Der Deutsche Ethikrat ist ein unabhängiges und politisch neutrales Expertengremium, das sich mit ethischen Argumenten unabhängig von parteipolitischen Positionen beschäftigt. Der Ethikrat kann Empfehlungen zu verschiedenen Themen geben, die manchmal auf Bitten der Politik, häufiger aber von den Mitgliedern des Ethikrats selbst gesetzt werden. Das Gremium hat eine beratende Funktion, alle Mitglieder des Rates arbeiten ehrenamtlich, niemand ist weisungsbefugt.

 

Gesundheitsschutz sei ein sehr hohes Gut, man dürfe diesem aber nicht alle anderen Grundrechte bedingungslos unterordnen. So hat es der Deutsche Ethikrat in seiner ersten Ad-hoc-Empfehlung aus März 2020 formuliert. Grundsätzlich müssten Einschränkungen von Grundrechten stets gründlich gegeneinander abgewogen werden. So müssten alle Effekte von getroffenen Maßnahmen – psychische, ökonomische und soziale Effekte – in die Abwägung einfließen. Es sei immer ein Ringen um das richtige Maß.

 

Prof. Dr. Mathias Berger sprach mit Prof. Dr. Dr. Karl Lauterbach über Medikamente gegen COVID-19, Impfstoffe, Impfungen und Impfquoten, Virusmutationen sowie weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Nach sinnvollen Maßnahmen zur Pandemieeindämmung befragt, empfahl Professor Lauterbach, mit der 2G-Regel zu arbeiten. Auch unter diesen Bedingungen komme es zu Infektionen, aber die Infektionswahrscheinlichkeit sei geringer. Wenn man doch erkranke, sei der Verlauf nicht so schwer. Einen weiteren Lockdown schloss Professor Lauterbach aus. Er wies darauf hin, dass in großen Kliniken bereits Eingriffe verschoben würden, um Platz für die intensivmedizinische Versorgung von Ungeimpften zu machen. „Ich bin immer wieder überrascht, wenn ich auf Ungeimpfte treffe, die sagen, es sei ihre Privatsache, ob sie sich impfen lassen oder nicht. Das ist falsch. Nur weil es keinen Impfzwang gibt, ist es keine Privatsache. Wenn ich als Ungeimpfter ins Risiko gehe, indem ich mich selbst oder andere gefährde – und wir müssen als Gesellschaft eben wichtige Operationen und Versorgungen zurückstellen –, dann ist das sicherlich keine Privatsache allein“, erklärte der Mediziner und Epidemiologe.


Angesprochen auf die im Vergleich zu anderen Ländern in Deutschland noch niedrige Impfquote, erklärte Lauterbach, dass die Frage der Impfung eine politische geworden sei. Sich nicht impfen zu lassen, sei ein gewisses politisches Statement geworden, eine Art Rebellion gegen den Staat. Diese Entwicklung gäbe es auch bei anderen wissenschaftlichen Fragen. Aus der psychologischen Forschung wisse man, dass wenn eine wissenschaftliche Frage in eine politische gewendet werden kann, man Allianzen aufbauen könne. Ein Beispiel sei der Klimawandel. Eine politische Positionierung, im Extrem bis zur Verschwörungstheorie, mache es schwer, mit wissenschaftlichen Argumenten allein durchzukommen. Dann sei eine Überzeugung mit Argumenten ab einem bestimmten Punkt nicht mehr möglich.

 

Auf die Frage, welche Kosten durch die Pandemie für das Gesundheitssystem entstehen und ob medizinische Leistungen rationiert werden müssten, antwortete Professor Lauterbach: „Wir werden den Leistungskatalog nicht schmälern. Es wird ein paar Verbesserungen geben. Die Volkswirtschaft war zum Glück in der Lage, diese herausragende Herausforderung so zu meistern, dass Defizite ausgeglichen werden konnten.“ Die letzte Frage von Prof. Berger an den Experten zielte auf den Schutz von Kindern in der Pandemie ab. Der Gesundheitspolitiker erklärte, er sei davon überzeugt, dass Kinder von Impfungen profitieren würden. Sie gäben den Kindern objektiven Schutz, der sehr wichtig sei, weil die Erkrankung auch bei Kindern keine Leichtigkeit sei. Sie gäben aber auch subjektiven Schutz. Kinder fühlten sich geschützt und hätten das Gefühl der Selbstwirksamkeit. „Ich bin als Impfarzt gerührt zu sehen, wie Kinder aufatmen, wie Kinder reagieren, wenn sie geimpft werden“, so der Experte. „Kinder waren doch viel stärker belastet, als ich mir das hätte vorstellen können. Wir müssen Kinder auch in den Schulen schützen. Ich finde es bestürzend, dass wir jetzt in der Zeit, wo die Fallzahlen so stark steigen, auf Maskenpflicht verzichten“, erklärte Lauterbach zum Abschluss des Gesprächs.

Die Online-Vorträge der Oberberg Gruppe schließen für dieses Jahr. Die Videos zu allen Vorträgen sind in der Mediathek der Oberberg Gruppe abrufbar: https://www.oberbergkliniken.de/veranstaltungsreihe-pandemie-und-psyche/mediathek

 

Über die Oberberg Gruppe: Die Oberberg Gruppe mit Hauptsitz in Berlin ist eine vor mehr als 30 Jahren gegründete Klinikgruppe mit einer Vielzahl an Fach- und Tageskliniken im Bereich Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie an verschiedenen Standorten Deutschlands. In den Kliniken der Oberberg Gruppe werden Erwachsene, Jugendliche und Kinder in individuellen, intensiven und innovativen Therapiesettings behandelt. Darüber hinaus existiert ein deutschlandweites Netzwerk aus Oberberg City Centers, korrespondierenden Therapeuten und Selbsthilfegruppen.
 

Buch-Neuerscheinung: „Psychische Erkrankungen – und die Auswirkungen einer Pandemie“
Das im Elsevier Verlag 2021 erschienene Buch „Psychische Erkrankungen – und die Auswirkungen einer Pandemie“, herausgegeben von Matthias J. Müller und Mathias Berger, bietet die Möglichkeit, sich mithilfe ausgewiesener Expertinnen und Experten in wissenschaftlich fundierter und zeitgleich gut verständlicher Weise einen Überblick über die Charakteristika der wichtigsten psychischen und psychosomatischen Erkrankungen von Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern zu verschaffen: https://shop.elsevier.de/psychische-erkrankungen-und-die-auswirkungen-einer-pandemie-9783437217029.html

 

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