Die Soziotherapie ist eine Leistung der Krankenkassen auf Basis des Sozialen Gesetzbuchs, um Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen in ihrem Lebensumfeld zu unterstützen. Dies passiert ambulant und an den Bedürfnissen der Person orientiert. So werden diese beispielsweise motiviert, bei Bedarf ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung/en aufzusuchen und verordnete Maßnahmen in Anspruch zu nehmen. Dafür müssen häufig zunächst Fähigkeiten und Kompetenzen wiedererlangt werden, um den Alltag zu strukturieren und in diesen zurückzufinden.

Definition Definition von Soziotherapie

Unter Soziotherapie fallen personenbezogene Unterstützungsleistungen für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen  wie einer Psychose, bipolaren Störung oder schweren Depression. Im Rahmen einer Soziotherapie sollen der Wohn- und Lebensraum, sowie die soziale Umwelt angepasst werden. Diese Bereiche sind Teil des therapeutischen Ansatzes. Die Annahme des Therapieansatzes beinhaltet, dass sich die Umwelt und sozialen Bedingungen positiv auf die seelische Gesundheit auswirken können. Das Ziel des Therapieansatzes liegt darin, eine Hospitalisierung oder Regression des/der psychisch Erkrankten entgegenzuwirken und die Unabhängigkeit vom Hilfesystem zu fördern. Symptome der psychischen Störung sollen außerdem gelindert werden, sowie für den Alltag benötigte Kompetenzen aufrechterhalten werden. Dafür muss sich der Lebensraum an die Ziele der Soziotherapie anpassen.

Genehmigung Genehmigung einer Soziotherapie

Bei der Soziotherapie handelt es sich um eine verhältnismäßig neue Leistung, die seit dem Jahr 2000 gesetzlich verankert ist. Gesetzlich Versicherte ab 18 Jahren, die an einer schweren oder chronischen psychischen Störung leiden und Hilfe nicht allein in Anspruch nehmen können, haben Anspruch auf eine Soziotherapie. Diese muss von einem Facharzt/einer Fachärztin oder einem psychologischen Psychotherapeuten/einer psychologischen Psychotherapeutin verordnet und von der Krankenkasse genehmigt werden. Eine Soziotherapie ist vor allem dann angebracht, wenn die psychosoziale Kompetenz eingeschränkt ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn:

  • Antrieb, Ausdauer und Belastbarkeit des Patienten/der Patientin gestört sind. Es fällt schwer, das Tun zu strukturieren sowie planerisch zu Denken und Handeln.
  • Kontakt- und Kritikfähigkeit eingeschränkt sind und die Konfliktlösungskompetenz gering ist.
  • Konzentration und Merkfähigkeit durch die Krankheit negativ beeinflusst werden, sowie auch die Lernleistung und das problemlösende Denken.
  • Konfliktsituationen, Krisen sowie Krankheitssymptome krankheitsbedingt nicht erkannt werden können.

 

Schwere psychische Erkrankungen, für die eine Soziotherapie genehmigt werden kann (nach Soziotherapie-Richtlinie Stand September 2020), sind:

  • Schizophrenie
  • Schizotype Störung
  • Anhaltende wahnhafte Störung
  • Induzierte wahnhafte Störung
  • Schizoaffektive Störung
  • Gegenwärtige schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen im Rahmen einer bipolaren Erkrankung
  • Gegenwärtige schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung

Des Weiteren wird in Einzelfällen eine Soziotherapie verordnet, wenn nach fachärztlicher Einschätzung eine Erforderlichkeit besteht, was durch relevante Komorbiditäten (Persönlichkeitsstörungen, Suchterkrankungen, chronische Schmerzerkrankungen, Mobilitätseinschränkungen u.a.) Bedarf besteht. Zur Bestimmung des Ausmaßes der Beeinträchtigung durch die psychische Erkrankung, wird für eine Soziotherapie eine Einschätzung mittels einer Skala vorgenommen, für die Orientierungswerte vorhanden sind.

Ablauf Ablauf einer Soziotherapie

Nachdem durch einen/n Arzt/Ärztin oder psychologische/n PsychotherapeutIn ein Antrag auf Soziotherapie gestellt wurde und durch die Krankenkasse genehmigt wurde, kann die Soziotherapie beginnen.

Die Art und Dauer der Therapie richten sich nach der Schwere und Art der Krankheit.

Zu den LeistungserbringerInnen von Soziotherapie zählen beispielsweise SozialarbeiterInnen, SozialpädagogInnen oder Fachpflegekräfte. Sie koordinieren die Leistungen und unterstützen die PatientInnen aktiv bei der Wahrnehmung möglicher Leistungen und in der Selbsthilfe.

Bei der Verordnung der Soziotherapie wird meist auch einen Betreuungsplan erstellt, der Basis der Therapie wird. Der Therapieplan der Soziotherapie wird in gemeinsamer Absprache erstellt, angepasst und abgesegnet. Im Betreuungsplan werden die therapeutischen Maßnahmen, zeitliche Strukturierung, Prognose und erforderlichen Therapieschritte und -ziele vermerkt. Während der Soziotherapie stehen die LeistungserbringerInnen stets in enger Absprache mit den ärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlern/Behandlerinnen.

Methoden Methoden einer Soziotherapie

  • Soziotherapeutische Gruppen setzen sich gezielt mit „normalen“, alltäglichen Bedürfnissen auseinander. Dies geschieht im Sinne sozialer Kompetenzen, wie seine Meinung zu äußern, eigene Grenzen zu kennen, sich selbst zu motivieren oder Beziehungen zu gestalten). Auch alltagspraktische Tätigkeiten wie der Lebensmitteleinkauf oder das Zubereiten von Mahlzeiten kann in soziotherapeutischen Gruppen geübt werden.

  • In Strukturierten Trainings und Motivationsarbeit werden bei einer Soziotherapie auf Grundlage definierter Therapiezielen Betroffenen koordinierend und begleitend unterstützt, ihr Krankheitsverständnis gefördert und persönliche Kompetenzen gestärkt. Dabei soll die persönliche Motivation der PatientInnnen aufgebaut und psychosoziale Defizite abgebaut werden. Zielt ist die Vermeidung oder Verkürzung von Krankenhausbehandlungen.

  • Unterstützung in der Gruppe erhalten PatientInnen im Rahmen einer Soziotherapie insbesondere nach einer Rehabilitationsmaßnahme durch Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen. Sie fördern individuelle Selbsthilfepotenziale von chronisch Kranken und Menschen mit Behinderungen. Auch die eigene Familie kann bei der Soziotherapie in die Therapie mit einbezogen werden: dies ermöglichen Tages- und Begegnungsstätten sowie Ergotherapien.

  • Praktische Übungen werden erstellt, nachdem durch den/die Soziotherapeuten/ -therapeutin die häusliche, berufliche und soziale Situation des der Patientin/ des Patienten analysiert wurde. Diese werden gemeinsam besprochen und an die Tagesstruktur angepasst. Mithilfe verschiedener Übungen können durch die Soziotherapie die Motivation, Belastbarkeit und Konfliktlösungskompetenz verbessert werden.

  • Krankheitswahrnehmung ist ein wichtiger Punkt in der Soziotherapie, um die Krankheitswahrnehmung des Patienten/der Patientin zu stärken. Gemeinsam mit der Soziotherapeutin/ dem Soziotherapeuten lernt der/die PatientIn eigene Frühwarnzeichen zu erkennen und diese anzugehen, um einer Verschlechterung des Gesundheitszustands zu verhindern.

  • Hilfe in Krisensituationen aufzusuchen, Verschlimmerungen zu verhindern, sowie eine Abwendung der Verschlechterung der beruflichen, sozialen oder häuslichen Situation, soll in der Soziotherapie erarbeiten werden.

Ziele Ziele einer Soziotherapie

Ziele der Soziotherapie sind, die Adhärenz des Patienten/der Patientin bei medikamentöser und therapeutischer Behandlung zu festigen und Antrieb sowie Motivation durch geeignete tages- und wochenstrukturierende Maßnahmen zu stärken. Auch das Identifizieren von Frühwarnzeichen, die eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes ankündigen, sollen in der Therapie miteinbezogen werden. Zusätzlich werden Konfliktlösungsstrategien erlernt, die dem Patienten/der Patientin helfen, die eigene Impuls- und Kontrollsteuerung zu verbessern.

 

Das gewünschte Ergebnis einer Soziotherapie liegt in einem zunehmend selbstbestimmten Bewältigung des Alltags sowie in der Abwendung einer Hospitalisierung beziehungsweise einer Verschlechterung des Gesundheitszustands. Auch  das Verhindern einer Verschlechterung der beruflichen, sozialen oder häuslichen Situation soll mit der Soziotherapie sichergestellt werden.

Therapien bei Oberberg Therapien in den Oberberg Kliniken

In den Oberberg Kliniken für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie unterstützen wir Menschen in schweren seelischen Krisensituationen mit effizienten Behandlungskonzepten. Dabei glauben wir fest an das Zusammenwirken von Menschlichkeit, Verbundenheit und Evidenz in einer erstklassigen Umgebung, die von einer herzlichen Atmosphäre aus Achtsamkeit, Zugewandtheit, Respekt und gegenseitigem Vertrauen geprägt ist.

 

In Absprache mit Ihrem Therapeuten-Team finden wir heraus, welches individuelle evidenzbasierte Behandlungskonzept für Sie den größten Therapieerfolg verspricht. Jede Psychotherapie bedarf Motivation, Mitwirkung und Zeit, um langfristig stabile Veränderungen herbeizuführen.

Sie können sich jederzeit an uns wenden – vertrauensvoll und diskret

Sie möchten mehr Informationen zu unserem Behandlungsangebot, zur Ausstattung in den Kliniken oder zum Tagesablauf in einer unserer Kliniken? Dann würden wir uns freuen, wenn Sie mit uns persönlichen Kontakt unter der Telefonnummer 0800 5577330 (gebührenfrei) aufnehmen. Außerhalb Deutschlands wählen Sie bitte +49 30 20867301-0. Wenn Sie einen Rückruf für ein persönliches Gespräch vereinbaren möchten, füllen Sie bitte das Kontaktformular aus. Wir werden uns dann schnellstmöglich bei Ihnen melden.

Häufige Fragen F.A.Q. zur Soziotherapie

Eine Verordnung einer Soziotherapie kann von einem/einer ärztlichen oder psychotherapeutischen BehandlerIn ausgestellt werden.

Dies kann ein/e Facharzt/ Fachärztin für Neurologie, Nervenheilkunde, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie oder mit einer Weiterbildung für Psychotherapie sein. Ebenso können psychologische PsychotherapeutInnen sowie psychologische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen eine Soziotherapie veranlassen.

Nach Stand der Soziotherapie-Richtlinie aus dem September 2020 sind dies eine Schizophrenie, Schizotype Störung, Anhaltende wahnhafte Störung, Induzierte wahnhafte Störung, Schizoaffektive Störung, Gegenwärtige schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen im Rahmen einer bipolaren Erkrankung und eine Gegenwärtige schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung. Des Weiteren wird in Einzelfällen eine Soziotherapie verordnet, wenn nach Einschätzung des Verordners/der Verordnerin eine Erforderlichkeit besteht.

Eine Soziotherapie soll Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen ambulant in ihrem Lebensumfeld unterstützen. Dies wird an den Bedürfnissen und Kompetenzen der Person festgemacht. Es kann eine Motivation, bei Bedarf ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung/en aufzusuchen und verordnete Maßnahmen in Anspruch zu nehmen, geschehen. Außerdem Fähigkeiten und Kompetenzen wiedererlangt werden, um den Alltag zu strukturieren und in diesen zurückzufinden. Eine Verschlechterung des Krankheitsbilds, der beruflichen, sozialen oder häuslichen Situation soll mit der Soziotherapie abgewendet werden.

Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. (BAR). (2018). Rehabilitation: Vom Antrag bis zur Nachsorge – für Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten und andere Gesundheitsberufe. Heidelberg: Springer-Verlag.

 

Gemeinsamer Bundesausschuss (2020, 17. September). Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung von Soziotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung. GKV Spitzenverband. gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/ambulante_leistungen/soziotherapie/ST-RL_2020-09-17_iK-2020-10-011.pdf (zuletzt abgerufen: 19.11.2021)

 

Grundl, D., Hartwig, A., Hegenbarth, P., Himmel, A., Josuttis, J., Mai, N. & Wiesen, P. (2021). Psychosoziale Herausforderungen in der Pflege. Norderstedt: BoD – Books on Demand.

 

Kastner, U. & Löbach, R. (2018). Handbuch Demenz (4. Auflage). Duisburg: Elsevier Health Sciences.

 

Kassenärztliche Bundesvereinigung. (2020). Soziotherapie: Hinweise zur Verordnung für Ärzte und Psychotherapeuten. PraxisWissen. kbv.de/media/sp/PraxisWissen_Soziotherapie.pdf

 

Lange, M. (2016). Fachpflegerische Resilienzförderung in der Spätadoleszenz. Nürnberg: Centrum für Kommunikation Information Bildung.