Eingesperrt im Flugzeug, eingeengt in einer vollen Straßenbahn oder bedrängt im Fahrstuhl: Viele Menschen fühlen sich in Situationen mangelnder Bewegungsfreiheit unwohl. Bei manchen dieser Personen kommt es zu zahlreichen körperlichen und psychischen Folgesymptomen, wenn sie mit derartigen und vergleichbaren Situationen mangelnder Raumfreiheit konfrontiert sind. Häufig tritt dann ein Vermeidungsverhalten ein, das die gefürchteten Situationen nicht zu Stande kommen lässt. Betroffene leiden dann unter einem pathologischen Ausmaß an Raumangst, das sie in ihrem Leben und ihrer Lebensqualität beeinflusst.

Abgrenzung Raumangst (Klaustrophobie) Abgrenzung von Angst, Furcht und Panik

Bei Angst handelt es sich um eine zukunftsbezogene, unbestimmt-diffuse (ohne konkrete Auslöser) Bedrohungserwartung, die krankhaft werden kann. Dies ist beispielsweise bei einer Generalisierten Angststörung der Fall. Angst ist eine Emotion, die durch Anspannung begleitet wird. Ein ständiges Nachdenken über Horrorszenarien führt zu chronischer Verspannung, da dem Körper signalisiert wird zu fliehen, dieser Impuls jedoch unterdrückt wird.

Bei Furcht wird ein sofortiges Handeln im Sinne einer Kampf-Flucht-Reaktion gefordert – es kommt nicht zu einem nachdenken, denn die Bedrohungserwartung ist konkret und auf die Gegenwart bezogen. Furcht ist Merkmal vieler Phobien. Die Angst ist in diesem Falle auf eine subjektive Bedrohung gerichtet, welche die sich nach einiger Zeit nachlassende Furcht auslöst.

Werden Leib und Leben vermeintlich bedroht, wird aus Furcht Panik. Panik ist eine intensive Furcht, die typisch für eine Panikstörung ist und sich wiederholt in Panikattacken entlädt. Es besteht die Angst vor einem totalen Kontrollverlust, mit dem die Betroffenen nicht umgehen können.

Raumangst (Klaustrophobie) Raumangst (Klaustrophobie)

Bei der Klaustrophobie handelt es sich um eine spezifische Phobie des situativen Typs der Phobien. Dabei besteht eine krankheitswertige Furcht vor Räumen ohne Fluchtmöglichkeiten. Der Begriff Klaustrophobie wird weder im internationalem Diagnoseschema ICD-10, noch im psychiatrischen Diagnoseschema DSM-5 als Subtyp spezifischer Phobien aufgeführt. Eher wird von einer „Raumangst“ gesprochen, die oft fälschlicherweise mit der „Platzangst“ gleichgesetzt wird.

 

Klaustrophobische Menschen empfinden große Angst und Furcht vor Aufenthalten in beengenden Räumen bzw. Situationen in der Natur, die sie weder gut aushalten noch jederzeit sofort verlassen können. Hierzu zählen z.B. kleine Räume wie Umkleide- und Duschkabinen, aber auch finstere Kellerräume, enge Gänge und Theater- oder Konzertsäle. Selbst längere feste Umarmungen, dichtes Gedränge von Menschen oder enganliegende Kleidung können bei manchen Betroffenen bereits Beklemmungsgefühle im Sinne der Raumangst auslösen.

 

Das lateinische Wort claustrum (zu dt. = Käfig, Verschluss, Schloss, Sperre oder Riegel) verweist darauf, wovor sich unter einer Klaustrophobie leidende Menschen fürchten: In kleinen beklemmenden wie auch großen überfüllten Orten fühlen sie sich eingesperrt, wodurch Engegefühle auftreten. Empfinden sie Räume und Situationen subjektiv als beengend und ausweglos, wachsen Angst und Furcht, zu ersticken, verrückt zu werden und/oder eine Panikattacke zu bekommen.

Ursachen Ursachen von Raumangst

Wie auch bei anderen Phobien geht man bei der Klaustrophobie von biologischen und psychologischen Faktoren aus, die zur Krankheitsentstehung beitragen. Es gibt viele unterschiedliche spekulierte Gründe und Risikofaktoren:

Traumatische Erlebnisse in der Vergangenheit können ein möglicher Auslöser von Raumangst sein: Wurden Betroffene von anderen Personen eingesperrt oder in enge Ecken gedrängt, kann sich beispielsweiseeine Angststörung oder Raumangst entwickeln. Fühlt sich eine Person durch Leistungsdruck oder zwischenmenschliche Beziehungen eingeengt, kann sich diese psychische Angst unbewusst auf reale begrenzte Situationen übertragen. Auch Trennungen oder Verluste können psychische Störungen hervorrufen. Entwickeln Betroffene eine übertriebene Selbstbeobachtung, nimmt dadurch die Angst stetig zu, was zu Katastrophengedanken führen kann.

 

Grundsätzlich lässt sich nicht immer ein bestimmtes Erlebnis oder psychischer Zustand als Auslöser der Klaustrophobie festmachen.

Symptomatik Symptome von Raumangst

Wie bei allen Phobien, kommt es bei der Klaustrophobie (Raumangst) zu einem unangemessen starken Angstgefühl, wenn der Betroffene dem angstbesetzten Stimulus (engen, geschlossenen Räumen) ausgesetzt ist. Zu den verhältnismäßig „harmloseren“ körperlichen Symptomen zählen ein erhöhter Puls, Schwierigkeiten bei der Atmung, verstärkte Schweißbildung und Magenprobleme. Im Extremfall gipfelt die Angst in einer Panikattacke - das Herz beginnt zu rasen, es kommt zu Schweißausbrüchen und Atemnot (evtl. Hyperventilation) bis zur Todesangst. Die Angstreaktion wird oft als Gefahr für die Gesundheit wahrgenommen, wodurch sich die Symptome verschlimmern und das psychische sowie physische Leiden weiter verstärkt wird.

Bei einer Raumangst handelt es sich um eine spezifische Phobie, die durch zahlreiche externe Reize (außerhalb des eigenen Körpers) ausgelöst wird. Nach dem ICD-10 (internationales Krankheitsklassifikationssystem) müssen für die Diagnosestellung verschiedene Kriterien erfüllt sein. Dies sind u.a. mindestens zwei der folgenden Angstsymptome in den zuvor genannten Situationen, die währenddessen mindestens einmal gleichzeitig auftreten (davon eines der Symptome 1-4):

 

Auf körperlicher Ebene:

  • Herzrasen
  • Schweißausbrüche
  • Fein- oder grobschlägiges Zittern
  • Mundtrockenheit
  • Atembeschwerden
  • Beklemmungsgefühl
  • Schmerzen oder Missempfindungen in der Brust
  • Übelkeit oder sonstige Magenbeschwerden

 

Auf psychischer Ebene:

  • Gefühl von Schwindel, Unsicherheit, Schwäche und Benommenheit
  • Gefühl, die Objekte sind unwirklich (Derealisation), oder man fühlt sich selbst weit entfernt oder „nicht wirklich hier“
  • Angst vor Kontrollverlust, verrückt zu werden oder „auszuflippen“
  • Angst zu sterben (als Folge der als bedrohlich erlebten Symptome einer Panikattacke)

 

Allgemeine Symptome:

  • Hitzewallungen oder Kälteschauer
  • Gefühlslosigkeit oder Kribbelgefühle

Behandlung Behandlung von Raumangst

Bei Raumangst (Klaustrophobie) handelt es sich um eine spezifische Phobie, die meist mit einer verhaltenstherapeutischen Psychotherapiebehandelt wird. In Zusammenarbeit mit einer Therapeutin/einem Therapeuten werden kognitiven Ursachen der Störung bzw. Raumangst erforscht und bearbeitet. Es gilt herauszufinden, welche Denkmuster die Ängste aufrechterhalten und wie diesen bewusst entgegengesteuert werden kann. Geht man davon aus, dass sich innere Konflikte in der Klaustrophobie ausdrücken, können Ursachen wie Stress und Traumata in einer psychoanalytischen oder tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapiebehandelt werden.

Im Rahmen einer psychotherapeutischen Konfrontationstherapie werden die gefürchteten Orte aufgesucht und sich der drohenden Angst gestellt. Die Exposition beginnt hierarchisch mit dem am wenigsten angstbesetzen Ort und steigert sich bis zu den „gefährlichen“ Orten. Angstmindernde Techniken lassen dem Patienten erfahren, dass in diesen Situationen die Angs nicht bis ins Unermessliche steigt und zum Kontrollverlust führt, sondern nach einem Höhepunkt mit der Zeit nachlässt.

Vor der Exposition sollte eine kognitive Neuinterpretation durchgeführt werden: Der/die PatientIn wird über die körperlichen und gedanklichen Abläufe bei übertriebener Angst aufgeklärt und lernt, sich Fehlinterpretationen von Herzrasen etc., bewusst zu werden.

 

Medikamente (z.B. selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) können bei verhältnismäßig sehr „schwerer Angst“ induziert sein um begleitend zu einer Psychotherapie eingenommen zu werden. Eine Einnahme von Psychopharmaka erfordern jedoch eine psychiatrische Indikationsstellung durch eine/n MedizinerIn.

 

Ein Erlernen u.a. von Entspannungsübungen kann dazu dienen, Angstanfälle nicht weiter durch Horrorszenarien anzufachen.  Auch selbst angewandte Entspannungstechniken können bei „leichterer Angst“ helfen.

Therapie bei Oberberg Therapie von Raumangst in den Oberberg Kliniken

In den Oberberg Kliniken für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie unterstützen wir Menschen in schweren seelischen Krisensituationen mit effizienten Behandlungskonzepten. Dabei glauben wir fest an das Zusammenwirken von Menschlichkeit, Verbundenheit und Evidenz in einer erstklassigen Umgebung, die von einer herzlichen Atmosphäre aus Achtsamkeit, Zugewandtheit, Respekt und gegenseitigem Vertrauen geprägt ist. Mit zahlreichen verschiedenen modernen Therapieangeboten wird gemeinsam mit Ihnen ein individuelles Behandlungsprogramm entwickelt, um Ihre Agoraphobie (Raumangst) zu überwinden. Dabei begegnen wir Ihnen stets auf Augenhöhe.

Verwandte Störungen: Angst- und Panikstörungen Verwandte Störungen: Angst- und Panikstörungen

Angststörungen

Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen und gehen aufgrund des meist chronischen Verlaufs mit einer Vielzahl an psychischen und sozialen Problemen einher. Im ICD-10 (Internationalen Klassifikationskatalog psychischer Störungen) wird zwischen Phobien (Spezifische Phobie, Soziale und Agoraphobie) und anderen Angststörungen (Panikstörung und Generalisierte Angststörung) unterschieden. Trotz dieser Aufteilung geht gerade die Panikstörung sehr häufig gemeinsam mit einer Agoraphobie (Platzangst) einher. Die verschiedenen Angststörungen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Symptomatik und therapeutischem Vorgehen.

 

Panikstörungen

Betroffene, die unter einer Panikstörung leiden, erleben plötzlich auftretende Panikattacken, die meist nach 30 Minuten wieder abgeklungen sind. Panikattacken können einzeln oder im Rahmen anderer psychischer Störungen auftreten. Es handelt sich bei einer Panikattacke um eine klar abgrenzbare intensive Phase der Angst, die mindestens einige Minuten andauert und innerhalb von ca. 10 Minuten ihr Maximum erreicht. Herzklopfen, Brustschmerzen, Schwindel, Erstickungsgefühle, Atemnot und Entfremdungsgefühle (Derealisation und Depersonalisation) gehören zu den wesentlichen Symptomen einer Panikattacke. Zusätzlich klagen Betroffene über eine Angst zu sterben, die Kontrolle zu verlieren und/oder verrückt zu werden. Um eine Panikstörung zu diagnostizieren, müssen die Panikattacken wiederholt und unabhängig von einer spezifischen Situation auftreten.

Platzangst (Agoraphobie) Platzangst und die Abgrenzung zur Raumangst

Eine Agoraphobie ist eine krankheitswertige Furcht und Vermeidung in Bezug auf mehrere, mindestens jedoch zwei bestimmte Orte bzw. Situationen. Die Agoraphobie wird umgangssprachlich auch oft als Platzangst bezeichnet. Der Fachausdruck enthält das altgriechische Wort „agora“, welches wörtlich übersetzt „Marktplatz“ bedeutet, jedoch auch für jeden anderen öffentlichen Platz steht.

 

Während bei der Agoraphobie (Platzangst) die Angst vor weiten Plätzen besteht, sind es bei der Klaustrophobie (Raumangst) enge Räume, die Angst auslösen. Häufig werden diese beiden Ängste verwechselt. Beide Angststörungen teilen sich viele Symptome und können auch gleichzeitig bzw. kombiniert auftreten. Manchmal wird die Klaustrophobie auch als Unterform der Agoraphobie angehsehen. Bei beiden Phobien besteht eine Angst vor einem Kontrollverlust und die daraus resultierende Vermeidung entsprechender angstauslösender Orte/Situationen. Weiteres Vermeidungsverhalten bei Personen mit Platzangst besteht in der Vermeidung der Angst selbst.

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Gehl, B. & Lechthaler, M. (2021, 21. April). Klaustrophobie (Raumangst). Mooci. mooci.org/krankheiten/klaustrophobie-raumangst/

 

Kindermann, P., Mühlenberger, M. & Voderholzer, U. (2016). Panikstörung und Agoraphobie. PSYCH up2date, 10(2), 115–132. DOI: 10.1055/s-0041-107999

 

Morschitzky, H. (2017). Wenn Platzangst das Leben einengt: Agoraphobie bewältigen - Ein Selbsthilfeprogramm. Ostfildern: Patmos Verlag.

 

Morschitzky, H. (2019). Wenn Furcht zur Phobie wird: Ein Selbsthilfeprogramm – Spezifische Phobien verstehen und bewältigen. Ostfildern: Patmos Verlag.