Alkoholsucht, Medikamenten-, Drogen- oder Nikotinsucht, Spielsucht, Internetsucht, Arbeitssucht, Kaufsucht oder Sexsucht: Die Gründe, warum die einen abhängig (oder suchtkrank) werden und andere nicht, sind wissenschaftlich bis heute nicht vollständig geklärt. Doch wir wissen, dass Abhängigkeitserkrankungen von zahlreichen inneren und äußeren Faktoren begünstigt werden.

Symptome und Beschwerden Wie Sie erkennen, dass Sie an einer Suchterkrankung leiden

Viele natürliche und chemische Substanzen – Alkohol, Tabak, Koffein, Beruhigungs-, Schlaf- und Schmerzmittel (zum Beispiel Benzodiazepine, sogenannte Z-Substanzen wie Zolpidem; Tramadol), flüchtige Lösungsmittel, Cannabis und illegale Drogen wie beispielsweise Amphetamine („Speed“, Crystal Meth), Ecstasy, LSD, Kokain und Heroin (Opioide) – besitzen ein Suchtpotenzial. In manchen (seltenen) Fällen kann bereits der einmalige Konsum der erste Schritt in die Abhängigkeit sein; mehrmaliger regelmäßiger Konsum führt jedoch bei vielen Substanzen mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Suchtspirale hinein. Dies gilt weitgehend auch bei nicht stoffgebundenen Süchten wie etwa der Spielsucht.

Wenn ich ein bisschen was trank, funktionierte ich im Job wie eine Eins. Aber je größer die Belastungen wurden, desto stärker wurde mein Verlangen nach Alkohol. Schließlich hat mein Körper selbst die Notbremse gezogen: Ich bin im Urlaub zusammengeklappt und im Krankenhaus aufgewacht. Jetzt bin ich seit acht Monaten trocken – und stolz darauf!
Clemens G., 47 Jahre
Patient der Oberberg Fachklinik Berlin Brandenburg

Süchtig von Geburt an?

Trotz des medizinisch-psychologischen Fortschritts konnten bis heute nur wenige Theorien über die Entstehungszusammenhänge und die neurobiologischen Mechanismen von Abhängigkeitserkrankungen wissenschaftlich belegt werden. Dazu gehört, dass bei rund einem Drittel aller Suchtkranken eine genetische Disposition für eine Abhängigkeitserkrankung vorliegt. Das heißt, die Betroffenen sind für die Effekte, die durch einen Stoff (aber auch durch eine nicht stoffgebundene Sucht, die sich beispielsweise in pathologischem Glücksspiel äußern kann) hervorgerufen werden, besonders empfänglich.

Wie entsteht eine Suchterkrankung?

Der schleichende Weg in die Abhängigkeit beginnt in der Regel mit der positiven Wirkung der Suchtmittel. Eine direkte und rasche Stimmungsverbesserung („Euphorie“, „Kick“) stellt sich ein, unangenehme Zustände werden erleichtert oder deutlich reduziert. Unbefriedigende Lebenssituationen wie Stress, privater und beruflicher Ärger, Einsamkeit, Langeweile, Schmerzen, Depressionen, Ängste, Unsicherheit, aber auch traumatische Erfahrungen und Erlebnisse können so dank des jeweiligen individuellen Suchtmittels vermeintlich leichter ertragen werden. Die Betroffenen fühlen sich gestärkt, selbstsicherer (oder auch entspannter), aber eben immer nur so lange, bis die Wirkung des Suchtmittels nachlässt und das Verlangen nach „Nachschub“ erneut einsetzt. Aus diesem Wechselspiel zwischen Rausch und Ernüchterung entsteht früher oder später ein Teufelskreis, aus dem die Betroffenen den Weg allein zumeist nicht mehr herausfinden – im Gegenteil: Der Rauschzustand ist dann längst zum zentralen Lebensinhalt geworden.

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Die häufigsten Suchterkrankungen Abhängigkeit kennt viele Gesichter

Nachfolgend finden Sie eine Übersicht über die häufigsten Suchterkrankungen in Deutschland, die durch stoff- wie auch nicht stoffgebundene Suchtmittel entstehen können.

In Deutschland gelten rund 1,7 Millionen Bundesbürger als alkoholabhängig, die Dunkelziffer dürfte jedoch weit höher liegen. Die Alkoholabhängigkeit trifft immer häufiger auch Frauen – ihr Konsum nähert sich dem von Männern seit Jahren kontinuierlich an. „Insbesondere junge Frauen trinken heute annähernd gleich viel wie junge Männer. War ein problematisches Trinkverhalten zu Beginn des letzten Jahrhunderts bei Männern noch dreimal so verbreitet wie bei Frauen, lagen Männer zum Ende des 20. Jahrhunderts nur noch geringfügig vorne“, sagt der Chefarzt der Oberberg Fachklinik Berlin Brandenburg, Dr. med. Bastian Willenborg. Bei Personen, die zwischen 1991 und 2000 geboren wurden, bestünden beim Alkoholkonsum kaum noch geschlechtsspezifische Unterschiede – das zeigen auch internationale Studien. Die Gründe für diese Entwicklung sieht Willenborg in der Tatsache, dass Frauen heute viel eigenständiger und emanzipierter seien als früher. Damit sei jedoch auch der Druck gestiegen. Das beste Beispiel hierfür sei die Doppelbelastung aus Beruf und Haushalt. „Wie Männer versuchen Frauen dann, mit Alkohol Stress und Probleme wegzudrücken. Um etwa die Familie zusammenzuhalten, geraten ihre eigenen Bedürfnisse und Emotionen schnell in den Hintergrund – auch hier kommt dann Alkohol als scheinbares Hilfsmittel ins Spiel.“

 

Dabei sollten gerade Frauen besonders vorsichtig mit Alkohol umgehen, denn sie besitzen einen höheren Fett- und einen niedrigeren Wasseranteil im Körper als Männer. Da sich der Alkohol auf weniger Flüssigkeit verteilen kann und Frauen für gewöhnlich auch eine geringere Körpermasse haben, werden sie dementsprechend schneller betrunken. Zudem benötigen Frauen zum Abbau des Alkohols im Blut doppelt so lang wie Männer (0,2 Promille/Stunde).

 

Besonders gefährlich ist Alkohol in der Schwangerschaft. Etwa jede vierte schwangere Frau trinkt Alkohol und bringt damit ihr Kind in große Gefahr: Rund 2000 Kinder kommen jedes Jahr mit massiven Behinderungen zur Welt. Die Schädigungen reichen dabei von vermindertem Wachstum über Beeinträchtigungen des Zentralnervensystems bis hin zu auffälligen Veränderungen im Gesicht. Schätzungen gehen davon aus, dass in jedem Jahr weitere rund 10.000 Babys mit Teilstörungen geboren werden.

 

Alle Formen dieser vorgeburtlichen Schädigungen werden unter dem Begriff FASD (Fetale Alkoholspektrum-Störungen) zusammengefasst. Trotz aller Warnungen halten bei Befragungen jedoch immer noch 18 Prozent der Bundesbürger ein „gelegentliches Gläschen Sekt oder Bier“ während der Schwangerschaft für vertretbar.

Medikamente sollen normalerweise Heilungsprozesse unterstützen, beruhigend wirken oder Schmerzen lindern. Aber wenn sie falsch oder überdosiert eingenommen werden, können sie gravierende Schäden anrichten. Überdies wird das Suchtpotenzial von Medikamenten unterschätzt: Besonders gefährlich sind Schlaf-, Beruhigungs- und Schmerzmittel.

 

Die Folgen einer Medikamentensucht können dramatisch und der Entzughart sein. Der Weg in die Medikamentenabhängigkeit geschieht dabei zumeist fließend und wird von den Betroffenen denn es fällt ihnen in der Regel schwer, den eigenen Zustand richtig zu deuten. Wenn das Medikament (oder die Medikamente) abgesetzt werden und plötzlich Entzugserscheinungen auftreten, glauben die Patienten, dass ihre ursprünglichen Beschwerden zurückkehren.

Anzeichen für eine Medikamentensucht

„Etwa vier bis fünf Prozent aller verschreibungspflichtigen Medikamente können bei längerfristiger Einnahme abhängig machen. Das betrifft vor allem rezeptpflichtige Schlaf- und Beruhigungsmittel“, sagt Erika Fink, Präsidentin der Bundesapothekerkammer in Berlin. Eine Abhängigkeit entstehe in der Regel jedoch erst nach mehrwöchiger Einnahme.

 

Man schätzt, dass in Deutschland zwischen 1,1 und 1,4 Millionen Patienten medikamentensüchtig sind. Die Dunkelziffer ist hoch, Frauen und ältere Menschen haben ein erhöhtes Risiko, abhängig zu werden. Viele Betroffene erkennen ihr Problem nicht, da ihnen die Medikamente von ihrem behandelnden Arzt verordnet wurden. Viele Patienten lassen sich „ihre“ Schlaf- und Beruhigungsmittel wiederum von verschiedenen Ärzten verordnen, um ihre Sucht zu tarnen.

 

Um den Beginn oder um eine bereits bestehende Medikamentensucht kann es sich handeln, wenn Medikamente:

 

  • eingenommen werden, um die Stimmung aufzuhellen
  • bewusst in zu hoher Dosis eingenommen werden und
  • länger als notwendig eingenommen werden

Statistisch betrachtet vermindert eine einzige Zigarette die Lebenserwartung um 7 Minuten. Das führt bei Rauchern zu einer durchschnittlichen Verkürzung der Lebenszeit um 10 Jahre durch Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen. Dabei ist Nikotin die entscheidende „suchterzeugende“ Substanz (inhalativ sehr rasch für das zentrale Nervensystem verfügbar), die auch für die Wirkung des Rauchens auf Herz und Gefäße verantwortlich ist, während die Stoffe, die bei der Verbrennung von Tabak entstehen (besonders polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe), sowohl das Atherosklerose- als auch das Krebsrisiko erhöhen.

 

Viele unserer Patienten, die wegen ihrer seelischen und psychischen Erkrankungen bei uns eine stationäre Therapie absolvieren, äußern den Wunsch, auf dem Weg in ihr neues Leben am besten auch noch ihre Nikotinsucht zu überwinden. Tatsächlich rauchen psychisch erkrankte Menschen mehr.

 

Wir unterstützen diesen Wunsch unserer Patienten nach einem nikotinfreien Leben mit:

 

  • ausführlichen Informationen zum Thema Rauchen
  • eine gründliche Anamnese und Diagnostik bezüglich bereits bestehender körperlicher Schäden, die durch das Rauchen aufgetreten sind
  • Motivationsmaßnahmen, um mit dem Rauchen aufzuhören

 

Der Nikotinentzug ist abhängig von der Intensität der körperlichen Begleiterscheinungen und wird in der Regel an den meisten unserer Standorte unterstützt durch:

 

  • Nikotinpflaster, Nikotinkaugummi
  • Ohr-Akupunktur
  • Medikamente (z. B. Bupropion)

 

„Raucher-Tagebücher“ sollen von Anfang an die Rückfallprophylaxe unterstützen. Denn das hohe Suchtpotenzial des Nervengiftes Nikotin macht leider häufig mehrere Versuche erforderlich, um nachhaltig nikotinfrei zu bleiben.

Illegale Drogen fallen zumeist unter das Betäubungsmittelgesetz (oder sind nicht als Arzneimittel zugelassen). Anbau, Herstellung, Besitz, Verkauf und Handel mit diesen Stoffen ist strafbar. Aber Drogen wie Cannabis, Heroin oder Kokain helfen anscheinend über Probleme und Nöte hinweg. Mindestens 150.000 Menschen in Deutschland sind drogenabhängig, doch die realistische Zahl, sagen Experten, sei sehr viel höher.

 

Zum einen ist die gesellschaftliche Akzeptanz der „weichen Drogen“ Haschisch und Cannabis in den vergangenen Jahren unaufhörlich gestiegen. Über den Joint nach dem Essen, beim gemütlichen Kaffeetrinken oder abends auf der Piste runzeln immer weniger Menschen die Stirn. „Gekifft“ wird inzwischen sogar häufig in der Öffentlichkeit. Dies mag unter anderem daran liegen, dass vor allem das „medizinische Cannabis“ wegen seines Wirkstoffs THC (Tetrahydrocannabinol) inzwischen bei einigen Krebsarten zur Beruhigung und Schmerzlinderung und auch bei nicht tumorbedingten Schmerzen zunehmend eingesetzt werden darf; darüber hinaus sind die strafbewehrten Mengen, die man zum Eigenbedarf mitführen darf, größer geworden – und in einigen liberalen Ländern (und Bundesstaaten der USA, wie Kalifornien) wurde Marihuana inzwischen unter strengen Auflagen legalisiert.

 

Der (übermäßige) Konsum von „weichen Drogen“ kann jedoch seelische und körperliche Abhängigkeit, schwere gesundheitliche Probleme und Persönlichkeitsveränderungen nach sich ziehen. Der Konsum von „harten Drogen“ (Heroin, Kokain, Amphetamine, LSD, Crystal Meth etc.) hat dagegen mit großer Wahrscheinlichkeit schwere Folgen für die „User“ und ihre Angehörigen. Sie reichen von psychischen Problemen (Depressionen) und organischen Schädigungen bis hin zum verfrühten Tod. Insgesamt ist die Lebenserwartung eines Drogensüchtigen deutlich vermindert, etwa zehn bis 15 Prozent der Suchtpatienten begehen Selbstmord. In Deutschland sterben jährlich immer noch etwa 1.500 Menschen an den Folgen ihrer Heroinsucht (Alkohol rund 40.000; Rauchen rund 110.000 Tote).

 

Zu den langfristigen Folgen einer unbehandelten Sucht gehören häufig der gesellschaftliche und berufliche Abstieg. Es drohen Arbeitslosigkeit und Partnerschaftskonflikte bis hin zur Trennung. Bei drogensüchtigen Jugendlichen lassen die Schulleistungen stark nach, in allen Altersgruppen sind Tendenzen zur sozialen Isolation unübersehbar. Häufig kommen finanzielle Probleme hinzu – nicht selten endet eine Drogensucht in der Obdachlosigkeit.

Spielsucht, Kaufsucht und Sexsucht

Spielsucht, Kaufsucht und Sexsucht („Hypersexualität“), die wir ebenfalls in unseren Oberberg Fachkliniken behandeln, sind nicht stoffgebundene Abhängigkeitserkrankungen – aber das macht diese Erkrankungen nicht weniger problematisch für die Betroffenen einerseits und ihre Lebenspartner und Familien andererseits. Denn die Wirkung dieser Süchte auf die Konsumenten ist im Prinzip dieselbe wie die Wirkungsweise von stoffgebundenen Drogen oder Alkohol. Auch nicht stoffgebundene Suchtmittel verursachen Leid, Suchtdruck, in manchen Fällen auch Entzugserscheinungen, organische wie auch psychische Folgekrankheiten sowie potenziell schwerwiegende soziale Folgen.

 

Spielsucht (pathologisches Spielen), krankhaftes Stehlen (Kleptomanie) oder Brandstiften (Pyromanie) werden ebenso wie krankhaftes Ausreißen eigener Haare (Trichotillomanie) oder das Quetschen oder Kratzen der Haut (Dermatillomanie, „Skin Picking“) derzeit nicht zu den Suchterkrankungen gezählt. Diese Verhaltensauffälligkeiten werden als Störungen der Impulskontrolle angesehen – der Patient kann seine Handlungen nicht bewusst steuern – und weisen auch eine Nähe zu Zwangsstörungen auf.

Von einer Spielsucht spricht man, wenn jemand ein zwanghaftes Verlangen spürt zu spielen – ganz gleich ob im staatlichen Casino, in einer Spielhalle, in Internet-Casinos oder in einem der zahleichen Sportwetten-Büros. Offiziell gibt es rund 300.000 abhängige Spieler, die Dunkelziffer ist auch hier sehr hoch. Die meisten abhängigen Spieler sind männlich, bei nur etwa jedem zehnten pathologischen Spieler handelt es sich um eine Frau.

 

Was Spieler auszeichnet (oder woran man sie erkennt): Sie spielen täglich stundenlang. Wenn sie gewinnen, spielen sie weiter, weil sie gewinnen; wenn sie jedoch verlieren, spielen sie in der Hoffnung weiter, dass sich das Blatt im nächsten Moment wieder wendet. Weitere Anzeichen einer Spielsucht sind:

 

  • Kontrollverlust
  • Zwang zur Wiederholung · Erhöhung des Spieleinsatzes
  • Entzugserscheinungen wie Schweißausbrüche, Zittern, innere Unruhe, Gereiztheit
  • Lügen
  • Depressionen

 

Diese Anzeichen sind denen der Kaufsucht sehr ähnlich. Und die Folgen ebenso, denn fast jeder pathologische Spieler landet irgendwann in einer finanziellen Katastrophe. Seine Gedanken drehen sich nur noch um das Benzin, das seinen Motor antreibt – um Geld. Darunter leidet meist nicht nur der Spieler, sondern auch sein gesamtes näheres soziales Umfeld.

Kaufsucht

Wer unter Kaufsucht (Oniomanie) leidet, kauft alles, von allem zu viel, und das zwanghaft – ganz egal, was es auch kosten mag. Kaufsucht ist nicht etwa ein Laster, sondern eine ernst zu nehmende „Sucht“, der eine Störung der Impulskontrolle zugrunde liegt, die jedoch zumindest im weiteren Verlauf der Entwicklung wesentliche Merkmale einer Abhängigkeitserkrankung aufweist. Experten schätzen, dass rund sieben bis acht Prozent der Bundesbürger kaufsüchtig sind; vor allem jüngere Menschen (Online-Käufe) sind häufiger davon betroffen, wahrscheinlich mit einem insgesamt höheren Anteil an Frauen. Fest steht jedoch, dass betroffene Frauen bevorzugt Mode- und Kosmetikartikel kaufen, während kaufsüchtige Männer sich vorwiegend für technische Produkte interessieren – Kameras, High-End-Musikanlagen, Werkzeug und Gartengeräte.

 

Im Verlauf einer Kaufsucht ergibt sich jedoch fast immer eine hohe Verschuldung (Privatinsolvenz), die soziale Isolation durch die Zerstörung der Familie und des Freundeskreises sowie ausgeprägte psychische Probleme – meistens eine Depression –, häufig verbunden mit Suizidgedanken. Typische Kennzeichen einer Kaufsucht sind:

 

  • Kontrollverlust
  • Zwang zur Wiederholung
  • Einkauf von weitaus mehr Waren, als man braucht
  • tiefe Reue, permanentes schlechtes Gewissen
  • Entzugserscheinungen wie Schweißausbrüche, Zittern, innere Unruhe, Gereiztheit
  • Depressionen

 

Vor allem der Boom des Internet-Versandhandels macht es für die Betroffenen zunächst leicht, ihrem Suchtdruck nachzugeben. Doch irgendwann geben die Betroffenen in ihrem ständigen Kaufrausch weitaus mehr Geld aus, als sie eigentlich zur Verfügung haben. Die zunehmende Verschuldung ist dann auch zumeist der entscheidende Impuls, sich professionelle Hilfe zu holen – spätestens dann, wenn der Gerichtsvollzieher vor der Tür steht.

Sexsucht

Zunächst sorgt der Begriff „Sexsucht“ häufig für Heiterkeit. Er fällt immer wieder im Zusammenhang mit Prominenten auf. Zum Beispiel gilt ein Weltklassegolfspieler als „sexsüchtig“ – als ein Mann, der „eben nichts anbrennen lassen kann“. Doch Hypersexualität kann eine Krankheit sein, eine Art von Sucht, von der nach Expertenschätzungen etwa jeder 15. Mensch mehr oder weniger schwer betroffen ist, wobei es sich – auch hier sind die Experten sich einig – vorwiegend um Männer handelt. Doch die Grenze zwischen Sexsucht und einem sexuell aktiven Leben ist schwer zu ziehen. Aber wenn ein Mensch sein Libido nicht mehr unter Kontrolle hat und wie ein Getriebener wirkt oder wenn er nach jedem vermeintlich erfüllenden Liebesakt immer wieder weitermacht (und dies über einen längeren Zeitraum von Monaten bzw. Jahren), ist möglicherweise von „krankhaftem“ Verhalten auszugehen.

Die zugrunde liegenden Mechanismen bestehen bei der Sexsucht wie bei anderen Süchten durch ein selbstverstärkendes Hoch- oder euphorisches Glücksgefühl (positive Verstärkung), das die innere Leere, Selbstzweifel oder auch nur Langeweile kaschiert (negative Verstärkung), wobei dieses positive Gefühl nicht lange anhält. Und – ebenfalls wie bei anderen Suchterkrankungen – verlangt der Sexsüchtige im Verlauf seiner Krankheit nach immer höheren Dosierungen, weil sein intensives Lustgefühl mit der Zeit immer schwächer ausgeprägt ist. Deshalb steigern die Betroffenen zwangsläufig ihre sexuelle Aktivität, wobei sie ihre sexuellen Handlungen intensivieren. Das heißt jedoch nicht, dass sexsüchtige Menschen automatisch eine besondere Vorliebe für Fetische oder ausgefallene Sexualpraktiken entwickeln. Eigentlich sehnen sich die meisten von ihnen sogar nach einer festen, liebevollen und romantischen – einer „normalen“ – Beziehung, doch leider steht ihnen dabei ihr sexuelles Verlangen im Weg, das dazu führt, dass sie Sex mit demselben Partner schnell langweilt, sodass sie zumeist die zahlreichen Möglichkeiten des Internets nutzen, um neue sexuelle Kontakte zu finden.

 

Als Variante der medizinisch belegbaren Sexsucht bekommt diese Internet-Sexsucht zunehmend Bedeutung als „unüberwindbares“ Verlangen, Websites mit Sexinhalten zu besuchen. Die Folgen sind häufig Rückzug aus dem realen Leben (einschließlich einem partnerbezogenen Sexualleben) und das Vermeiden sozialer Kontakte und anderer Beschäftigungen, um „online“ zu sein. Viele Stunden, v. a. nachts, werden mit dem Besuch von Online-Sexseiten verbracht und führen nicht selten zu Tagesmüdigkeit und eingeschränkter Arbeitsfähigkeit.

 

Folgende Kriterien dienen der Diagnostik einer Sexsucht:

 

  • häufiges, unwiderstehliches Verlangen und starke Beschäftigung mit dem Thema Sex, Pornografie, Masturbation etc.
  • Kontrollverlust und Toleranzentwicklung gegenüber der Befriedigung
  • Einengung des Verhaltensrepertoires zugunsten des Suchtverhaltens und negative Konsequenzen aufgrund des „Konsums“
  • Entzugserscheinungen bei Verzicht oder Unterdrückung
  • Unfähigkeit zur Verhaltensänderung trotz Einsicht und Abwehrmechanismen (Rechtfertigung, Lügen)
  • Emotionsregulation durch den Einsatz von Sex und Persönlichkeitsänderungen (Aggressivität, Reizbarkeit in Situationen außerhalb des Suchtverhaltens)

 

Sexsucht als Abhängigkeitserkrankung führt früher oder später zu negativen sozialen Konsequenzen (Beziehungen, Familie, Arbeitsfähigkeit) und ausgeprägtem subjektiven Leiden, sowohl bei den Betroffenen (Scham, Depressionen) als auch bei Beteiligten (soziales Umfeld), und bedarf daher der professionellen Behandlung.

Ursachen Ursachen und Folgen einer Suchterkrankung

Praktisch jede Suchterkrankung entwickelt sich über die Erfahrung und die Wiederholung („Lerneffekte“). Euphorisierende und stimmungsverbessernde Wirkungen wirken als „positive Verstärker“, schmerz-, angst- und sorgenunterdrückende Wirkungen als „negative Verstärker“. Die Folge: Die Substanz wird im zunehmenden Verlauf der Sucht in immer höheren Dosen und häufiger konsumiert. An diese beiden psychischen Prozesse schließt sich mehr oder weniger schnell der physiologische Prozess der Gewöhnung an. Suchtexperten sprechen in diesem Zusammenhang von der „biologischen Toleranz“. Sie meinen damit den anhaltenden Wirkungsverlust des Suchtmittels, der im Lauf der Zeit nur durch immer höhere Dosen (hinzu kommen auch immer höhere Einnahmefrequenzen) kompensiert werden kann.

Die Folgen einer Suchterkrankung

Je nachdem, welches Suchtmittel regelmäßig konsumiert wird, treten mit zunehmender Abhängigkeit psychische und körperliche Erkrankungen auf. Darüber hinaus kommt es auch häufig zu sozialen und finanziellen Kollateralschäden. Dies betrifft auch nicht stoffgebundene Suchterkrankungen wie die Spielsucht, wenn die Betroffenen im Zuge ihrer Abhängigkeit vom Glücksspiel buchstäblich „Haus und Hof verspielen“.

Sucht ist eine Krankheit – keine Charakterschwäche

Fast alle Suchterkrankungen basieren auf einer Fehlsteuerung des limbischen Systems im Gehirn, unserem körpereigenen „Belohnungssystem“. Es ist für das Schmerzempfinden, für unsere Emotionen und insbesondere für unser Wohlbefinden zuständig. Der Konsum von Suchtstoffen, an allererster Stelle Alkohol und Drogen, sorgen dort vor allem für eine erhöhte Ausschüttung des Botenstoffs Dopamin, sodass sich nicht selten – zeitlich begrenzt – sogar ein euphorisches Glücksgefühl entwickeln kann.

Abhängigkeit lässt sich kaum dosieren

Eine Sucht kann und darf daher nicht als Charakterschwäche gewertet werden. Viele Menschen mit Abhängigkeitserkrankung durchleben immer wieder Phasen, in denen sie den ernst gemeinten Vorsatz fassen, auf ihr jeweiliges Rauschmittel zu verzichten. Doch sie werden immer wieder von sich selbst enttäuscht, wenn sie nach einiger Zeit ihr hochgestecktes Ziel des Verzichts verfehlen und merken, dass es ihnen offenbar nicht möglich ist, ihr Suchtverhalten zu kontrollieren: „Maximal ein Glas Rotwein am Abend“ – „Kiffen nur am Wochenende“.

Manchmal kommt der Suchtdruck wieder. Wenn ich dann merke, dass ich anfange zu wackeln, rufe ich sofort meine Familie an oder einen meiner Freunde, oder ich zwinge mich dazu, Sport zu machen.
Bernd B., 42 Jahre
ehemaliger Patient der Oberberg Fachklinik Berlin Brandenburg

Faktoren, die eine Suchterkrankung begünstigen können

Alle Suchtmittel – ob stoffgebunden oder nicht – besitzen anfangs eine positive Wirkung, entweder im Sinne einer direkten und raschen Stimmungsverbesserung („Euphorie“, „Kick“) oder durch Erleichterung oder deutliche Reduktion unangenehmer Zustände (typischerweise: Angst- oder Schmerzreduktion).

 

Diese Sucht nach dem Kick ist häufig auch zugleich ein schleichender Weg in die Abhängigkeit. Unbefriedigende Lebenssituationen wie Stress, privater und beruflicher Ärger, Einsamkeit, Langeweile, Schmerzen, Depressionen,Ängste, Unsicherheit, aber auch traumatische Erfahrungen und Erlebnisse können so dank des jeweiligen individuellen Suchtmittels vermeintlich leichter ertragen werden: Die Betroffenen fühlen sich gestärkt, selbstsicherer (oder auch entspannter), aber eben immer nur so lange, bis die Wirkung des Suchtmittels nachlässt und das Verlangen nach „Nachschub“ erneut einsetzt.

1.3 Mio.
Alkoholabhängige in Deutschland
1.6 Mio.
Schmerzmittelabhängige in Deutschland
10 %
Jugendliche ab 16 sind alkoholabhängig
Quellen: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Bundesministerium für Gesundheit (BMG).

Das Phänomen der Co-Abhängigkeit

In vielen Fällen greift die Abhängigkeitserkrankung des Süchtigen auf seine Angehörigen (Familie) oder Lebenspartner über: Sie übernehmen zum Teil die Verantwortung für den Alkoholsüchtigen oder ignorieren („übersehen absichtlich“) die Sucht oder versuchen sogar, dem Betroffenen dabei zu helfen, seine Sucht nach außen hin zu verbergen („den Anschein wahren“) und nicht zuletzt auch zu entschuldigen. Diese „Co-Abhängigkeit“ tritt besonders deutlich und häufig im engeren sozialen Umfeld von Alkoholkranken auf.

Zehn Millionen Menschen in Deutschland könnten theoretisch co-abhängig sein

In Deutschland leben rund zehn Millionen Ehefrauen und -männer, Lebenspartner, Eltern, Kinder und Arbeitskollegen, die mit der Suchterkrankung eines Menschen in ihrer unmittelbaren Nähe konfrontiert sind. Wie viele von ihnen die Kriterien der Co-Abhängigkeit erfüllen, bleibt reine Spekulation. Es wäre jedoch kontraproduktiv, die akute Suchtproblematik des Betroffenen zu ignorieren.

 

Die Bemühungen und das Erleben der Angehörigen von Menschen mit Abhängigkeitserkrankung sollten heute nicht mehr nur als weiterer „suchtstabilisierender Faktor“ gesehen werden – ihre Berücksichtigung und das wertschätzende Einbeziehen von Angehörigen stellen vielmehr wichtige Ressourcen für die Therapie dar.

Ich hatte nicht gemerkt, dass ich immer mehr trank. Schließlich hat meine Frau mich vor die Wahl gestellt: „Wenn du weitersäufst, ziehe ich aus!“ Ich habe sie angebrüllt: „Herrgott, ich bin alkoholsüchtig!“ Das Komische war, dass mir in jenem Moment zum ersten Mal bewusst wurde, dass ich alkoholkrank war.
Robert K.
50 Jahre, ehemaliger Patient der Oberberg Fachklinik Berlin Brandenburg

Behandlungen und Therapien Warum eine Therapie die beste Entscheidung ist

Es ist niemals zu spät, sich offen und ehrlich seinem Suchtproblem zu stellen und aktiv dagegen anzugehen – denn „es gibt immer einen Weg zurück in ein normales Leben“. Manchen Menschen genügt dafür bereits der regelmäßige Besuch einer Selbsthilfegruppe, in der sie sich mit anderen Betroffenen regelmäßig austauschen und gegenseitig dabei unterstützen können, die häufig auftauchenden Klippen im Alltag zu umschiffen. Auch eine ambulante Therapie bei einem erfahrenen Suchttherapeuten bzw. Psychologen kann zu einem Leben ohne Sucht führen, ebenso wie die Kombination aus einer stationären Kurzzeittherapie, der eine längere ambulante Nachsorge am Wohnort folgt, um die Resilienz gegen die Sucht zu stärken.

Stationäre Suchttherapien versprechen den größten Erfolg

Je nachdem, wie weit eine Abhängigkeitserkrankung bereits fortgeschritten ist, sollten sich die Betroffenen überlegen, eine stationäre Therapie dahingehend zu nutzen, einmal genauer hinzusehen und ihre Gefühlswelt näher kennenzulernen, um sich dann drei – entscheidende – Fragen ehrlich zu beantworten:

  • Was hat mir meine Sucht gebracht? Welche sind die positiven Aspekte?
  • In welchen Lebensbereichen hat mir meine Sucht geschadet?
  • Was muss ich ändern, damit es mir auch ohne meinen favorisierten Suchtstoff gut geht?

 

Studien und Forschungsberichte für Ärzte und Therapeuten

Nach dem Entzug unter ärztlicher Aufsicht fiel es mir zunächst sehr schwer, herauszufinden, was ich von meinem Leben noch erwarten könnte. Letztlich hat es dann fünf Jahre gedauert, bis ich sagen konnte: Jetzt bist du wirklich abstinent, hast einen klaren Kopf und dein Leben selbst in der Hand.
Heiderose L.
43 Jahre, ehemalige Patientin in der Oberberg Fachklinik Schwarzwald

Die Oberberg Kliniken für Abhängigkeitserkrankungen Wo abhängige Patienten Unterstützung erhalten

Wenn Sie unter einer Sucht- oder Abhängigkeitserkrankung leiden, erhalten Sie in den Oberberg Kliniken professionelle Unterstützung. Unsere Akutkliniken erlauben eine stationäre Aufnahme innerhalb kürzester Zeit. Dabei glauben wir fest an das Zusammenwirken von Menschlichkeit, Verbundenheit und Evidenz in einer erstklassigen Umgebung, die von einer herzlichen Atmosphäre aus Achtsamkeit und Zugewandtheit geprägt ist.

Ansprechpartner Sie brauchen Hilfe bei einer Sucht oder Abhängigkeitserkrankung?

Sie möchten mehr Informationen zu unserem Behandlungsangebot, zur Ausstattung in den Kliniken oder zum Tagesablauf in einer unserer Kliniken? Dann würden wir uns freuen, wenn Sie mit uns persönlichen Kontakt unter der Telefonnummer 0800 5577330 (gebührenfrei) aufnehmen. Außerhalb Deutschlands wählen Sie bitte +49 30 20867301-0. Wenn Sie einen Rückruf für ein persönliches Gespräch vereinbaren möchten, füllen Sie bitte das Kontaktformular aus. Wir werden uns dann schnellstmöglich bei Ihnen melden.

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Porträtfoto Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Jähne – Ärztlicher Direktor Oberberg Fachklinik Rhein-Jura
Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie auf Ihre Behandlung?
Die Covid-19- Pandemie hat in unserem Alltag viele Abläufe durcheinandergebracht und vertraute Routinen unterbrochen. Nichts scheint mehr so wie wir es kennen. Wir müssen lernen, unser Leben unter den neuen Gegebenheiten des Infektionsschutzes zu leben. Das Gebot der sozialen Distanz kann gerade für Menschen mit einem Asperger-Syndrom dazu führen, dass sie sich den anderen noch mehr entfremdet fühlen und Vereinsamung zunimmt.
Die Kliniken der Oberberg Gruppe sind auch in solchen Krisensituationen darauf spezialisiert, eine effektive Psychotherapie anzubieten und den sozialen Kontakt auch unter den Gegebenheiten des Infektionsschutzes zu ermöglichen. Wir haben größtmögliche Anstrengungen unternommen, um Ihnen einen sicheren Ort vor einer Infektion und gleichzeitig für eine fürsorgliche und effektive Behandlung zu bieten.