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Corona und Angst - warum die Krise Angst macht

Im Diskurs über das neuartige Coronavirus und seine Varianten, die die Atemwegserkrankung COVID-19 auslösen, wird über die direkten Folgen der Krankheit gesprochen. Doch abseits von belegten Intensivstationen, Long Covid und tödlichen Verläufen stellen der Coronavirus auch eine psychische Belastung dar, die sich in einer Angststörung manifestieren kann. Unter näherer Betrachtung zeigt sich, wie dicht Corona und Angst zusammenhängen und wie sich die daraus folgenden Angststörungen äußern können.

Der Coronavirus ist für viele Menschen ein furchterregendes Szenario

COVID-19 ist eine Krankheit, die auch abseits der potentiell tödlichen Wirkung Angst machen kann. Wer im Intensivbett wochenlang beatmet wurde, gilt als genesen. Die Realität aber sieht oft anders aus: Die Lebensqualität der überlebenden IntensivpatientInnen sinkt rapide, es fühlt sich an, als wurden Jahre des Lebens gestohlen. Selbst bei milden Verläufen kann Long oder Post Covid eine Folge sein, Wochen und oft Monate nach einer harmlosen Erkrankung bleiben Kurzatmigkeit und der Verlust der vollen körperlichen und kognitiven Leistungsfähigkeit.


Dass Corona und Angst also zusammenhängen können, scheint da ganz offensichtlich zu sein. Wir sprechen hier von der Angst vor einer Infektion, der Angst vor der Erkrankung von geliebten Menschen und Freunden, aber auch vor der Angst vor den sozialen Folgen. Die Angst vor einem erneuten Lockdown und einem Verlust der eigenen wirtschaftlichen Grundlage oder aber des sozialen Lebens. Angst kann sich auch zeigen als die Furcht vor den Abstandsregeln und einer Verlängerung der Pflicht zum Masketragen. Unterscheiden müssen wir hier aber zwischen Angst und einer Angststörung, denn natürlich muss hier jeder Einzelfall differenziert betrachtet werden: Hinter welchen Fällen verbirgt sich eine ganz normale und vergleichsweise harmlose Alltagsangst und in welchen Fällen können sich psychische Angststörungen manifestieren?

Corona und Angst erkennen - was genau ist eine Angststörung?

Angst ist etwas Normales. Wir alle müssen in verschiedenen Situationen mit unserer Angst leben, vor Prüfungen und Bewerbungsgesprächen oder auf hohen Bergen beispielsweise. Biophysisch ist Angst das Ausschütten eines Hormoncocktails, der Teil unserer natürlichen Stressreaktion ist - geerbt haben wir diese Reaktion von unseren Vorfahren aus der Urzeit, die entscheiden mussten, ob sie fliehen oder kämpfen. Angst ist ein Überblebensreflex und in vielen Szenarien auch nicht weiter schlimm.


Die Angst, dass jemand einbricht, sorgt dafür, dass Menschen ihre Wohnung abschließen. Auch Corona und Angst vor Ansteckung haben durchaus positive Wechselwirkungen. Wer verantwortungsvoll mit potentiellen Infektionsquellen umgehen möchte, hält Abstand, wäscht sich die Hände und trägt Maske. Die Angst ist in diesem Fall also ein Schutzmechanismus. Krankhafte Angst, also eine Angststörung, manifestiert sich auch dann, wenn keine Gefahrensituation gegeben ist und wird dann für AngstpatientInnen zum Problem.


Besonders kritisch daran: Angst bestärkt die Angststörung, weil unser Gehirn häufige Reize besser leiten kann. Auch Phobien zählen zu den Angststörungen, sind jedoch für Betroffene meist nicht akut gefährdend. Hier sprechen wir von der Angst im Fahrstuhl oder vor leeren Plätzen. Solche Ängste können therapiert werden und meist sind die Einschänkungen der PatientInnen im Alltag minimal. Am anderen Ende der Skala finden sich Panikattacken, die sich wie ein körperlicher Angriff anfühlen und den Alltag "kurzschließen".

Corona und Angst - die Wechselwirkungen

Auch das Robert-Koch-Institut hat Zahlen zur Angststörung erhoben und geht davon aus, dass rund 15 Prozent der Bevölkerung (zwischen 18 und 79 Jahren) an Angststörungen erkranken können. Neben Depressionen, neurotischen Störungen und Anpassungsstörungen zählt die krankhafte Angst zu den größten psychischen Faktoren von Erkrankungen im letzten Jahr. Krankhafte Angst setzt voraus, dass die Angstreaktion unseres Körpers unangemessen groß ausfällt, oft jeder objektiven Grundlage entbehrt und dass die Angst unser Handeln lähmt. Manifestieren kann sich dies beispielsweise in gedanklichen Teufelskreisen, in denen es schwer fällt, gesunde und positive Gedanken zu fassen. Der Kopf beginnt dann von einer Angst zur nächsten zu kreisen und auch eine Panikattacke ist nicht mehr ausgeschlossen.


Die Panikattacke ist als Symptom einer Angststörung klar erkennbar, denn die physischen Faktoren sind eindeutig: Herzrasen und Erstickungsgefühle können Menschen problemlos niederstrecken und physisch lähmen. Die Panik übermannt Betroffene dann ganz einfach und andere Gedanken lassen sich nicht fassen, klares Denken und Handeln werden unmöglich gemacht. In anderen Fällen äußern generalisierte Angststörungen sich in Nervosität und Schlafstörungen, in körperlicher Anspannung und einer Belastung der psychischen Disposition. Depressionsstörungen und Suchtprobleme können auftreten oder es kommt zu akuten Rückfällen. Die psychischen Belastungen und die Wechselwirkung der gesellschaftlichen Veränderungen liegen auf der Hand. 

 

Corona und Angst sind auch deswegen so vernetzt, weil wir soziale Kontakte reduzieren mussten, für viele Menschen sich das Arbeitsleben verändert hat oder die Existenzgrundlage in Gefahr geriet. Hobbies wie Sport oder Abende im Restaurant oder Club wurden zunächst auf Eis gelegt. Dass die Sorgen zunehmen und dass viele Menschen durch den Wegfall eines strukturierten Alltags Probleme bekommen, dass Schlaf und Ernährung ebenfalls leiden, wirkt sich alles auf die Psyche aus. Corona und Angst verstärken sich hier gegenseitig, weil beides das Leben von AngstpatientInnen zu dominieren scheint. Wie also können Betroffene aus dem Teufelskreis zwischen Angst und Angststörung ausbrechen?

Hilfe bei Angststörungen - was Betroffene tun können?

Wichtig ist, dass Betroffene professionelle Hilfe suchen. Gerade im Zusammenhang haben Corona und Angst viele Menschen noch stärker isoliert und sorgen so für eine stete Abwärtsspirale. Soziale Phobien wie Kontaktscheu und spezifische Phobien wie ein Zwang zum Händewaschen haben sich womöglich verstärkt und die Gelegenheit, angstfreies Verhalten zu üben, fiel einfach weg. Umso wichtiger ist es, dass Betroffene den ersten Schritt wagen und über ihre Störungen reden und aktiv Hilfe suche - am besten noch ehe die Symptome sich in einer Schwere manifestieren, die zur psychischen und physischen Belastung wird. Wenn Bekannte und Familie zu einem gesunden Lebenswandel raten, so stimmt dieser Tipp zumindest zur Hälfte. Schlaf, gesunde Ernährung, ein strukturierter Alltag und Tageslicht sind für sich nicht schädlich und können der Vorbeugung einer Angststörung dienen. Wer im Alltag Sorgen entwickelt, kann über die physische Komponente auch seine Psyche stärken.

 

Ist die Angst allerdings erst einmal krankhaft, ist es alleine mit dem Umstellen des Lebenswandels nicht mehr getan. In akuten Fällen kann das Telefongespräch mit einer Hotline für Menschen mit psychischen Störungen helfen, langfristig ist allerdings eine Psychotherapie ratsam. Unser Angebot bietet nicht nur qualifizierte Therapien und Behandlungen von Angstbeschwerden an, sondern unterstützt das Angebot durch die Umgebung unserer Fachkliniken. So wird der krankhafte Alltag unterbrochen und die Ursache der Angstbeschwerden behandelt.

Corona und Angst - das Angstgefühl beherrschen lernen

Angst ist nichts Schlimmes und in einer globalen Krise dieses Ausmaßes weder verwerflich, noch ungewöhnlich. Wer in dieser Zeit häufiger unter Sorgen und Ängsten leidet, sollte sich keine Vorwürfe machen. Wenn die Angst noch nicht zum handfesten Problem geworden ist, können bereits kleine Dinge Großes bewirken: Ein fester Stundenplan für den Alltag, Hobbies, Sport und Bewegung, soziale Kontakte (soweit möglich), gesundes Essen, genügend Schlaf und ein bewusster Medienkonsum. Oft ist es die Kontrolle über den Alltag (bspw. den Schrank aufzuräumen), die uns das Gefühl des Kontrollverlustes nimmt. Dennoch sollte niemand Corona und Angst unterschätzen, wenn wir von Angsterkrankungen reden. Diese bedürfen einer professionellen Behandlung, um Betroffenen die Leidenschaft am Leben zurückzugeben.

Was macht eine Angststörung aus?

Angststörungen zeichnen sich durch übertriebene Ängste ohne kausalen Auslöser aus. Die Angstattacken kommen dann plötzlich und stehen in keinem Verhältnis zur eigentlichen Ursache der Angst.

 

Was ist eine Panikattacke?

Eine Panikattacke ist die physische Manifestation einer schweren Angstattacke und löst im Körper ein starkes Herzrasen und Kurzatmigkeit aus. Auch krampfende Muskeln können die Folge sein, Betroffene verlieren häufig das Gefühl für ihre Umgebung und Situation.

 

Wie behandle ich eine Angststörung?

Angststörungen müssen professionell behandelt werden und werden durch Psychotherapien begleitend behandelt. Die kognitive Verhaltenstherapie kann gegebenenfalls durch medikamentöse Behandlung ergänzt werden.

 

Was tue ich bei einer Angststörung in meinem Umfeld?

FreundInnen und Bekannte sollten dazu ermutigt werden, professionelle Behandlung zu erwägen und Gesprächshilfe zu suchen.
Handelt es sich noch nicht um krankhafte Angst, so kann auch ein Gespräch im Freundeskreis oder eine gemeinsame Aktivität therapeutisch wirken. Besonders soziale Kontakte, feste Strukturen, Hobbies und Bewegung sind wichtig, um Ängsten vorzubeugen.

Wie kann ich der Wirkung von Corona und Angst vorbeugen?

Die COVID-Krise hat gesellschaftliche Auswirkungen, die uns allen viel abverlangen. Doch soziale Kontakte lassen sich häufig auch mit Social Distancing vereinbaren. Und wer geimpft ist, kann trotz geltender Einschränkungen wieder viele Freizeitangebote wahrnehmen.
Auch neue Routinen und das Wertschätzen positiver Erlebnisse können im Gehirn positive Weichen setzen.