Depression

Kommunikation mit depressiven Menschen

 

Depressionen gehören zu den häufigsten Erkrankungen: Etwa jede/r 5. bis 6. Erwachsene (in Deutschland) erkrankt zu einem Zeitpunkt im Leben an einer unipolaren depressiven Episode oder erleidet eine anhaltende depressive Störung. Diese Prävalenz zeigt auf, wie hilfreich es sein kann, Wissen über gelingende Kommunikation mit an einer Depression erkrankten Menschen zu haben. Wir geben Tipps, wie Angehörige mit erkrankten Menschen richtig kommunizieren können.

Richtig kommunizieren mit depressiven Menschen

Angehörige von an einer Depression erkrankten Menschen wünschen sich häufig, dass Sätze heilen könnten. Was in der Psychotherapie funktionieren kann, ist für Angehörige nicht so einfach umsetzbar. Richtiges Kommunizieren und Unterstützung können jedoch dazu führen, dass sich die Erkrankten verstanden fühlen und sich die Hilfe suchen, die sie benötigen, damit es ihnen bald besser geht. Unsere Tipps enthalten keine vorgefertigten Sätze, die von Angehörigen einfach übernommen werden können, sondern umfassen verschiedene Bereiche der Unterstützung. 

 

  • Bei Suizidalität: Viele depressive Menschen leiden im Rahmen ihrer Krankheit unter Selbstmordgedanken und -impulsen. Über eine mögliche Selbstgefährdung sollte mit erkrankten Menschen offen gesprochen werden. Dabei ist es wichtig, das Erleben und Verhalten der Betroffenen zu akzeptieren. Das offene Gespräch kann entlasten und dem/der Depressiven das Gefühl vermitteln, verstanden zu werden. Sie sollten klarmachen, dass sie die Verzweiflung des Gegenübers verstehen, gleichzeitig an eine Besserung glauben. Machen Sie verständlich, dass Sie auch in Zukunft zu ihm/ihr stehen. Selbstmordgedanken oder Suizidpläne erfordern professionelle Hilfe – helfen Sie den Betroffenen dabei, Kontakt zu einer Ärztin oder einen Psychotherapeuten aufzunehmen. Bei konkreten Suizidplänen ist die Einweisung der/des Betroffenen in eine akutpsychiatrische Einrichtung notwendig. Dazu können sie einen psychiatrischen Notdienst, den Rettungsdienst oder die Polizei anrufen.
  • Erinnern Sie daran, dass die Depression eine Krankheit ist, die temporär und gut behandelbar ist. Diese Erinnerung kann ein wichtiger Teil in der Kommunikation mit erkrankten Menschen sein.
  • Ernstnehmen und Verständnis zeigen für körperliche Missempfindungen, Krankheitsängste und Schmerzen. Verständnis kann bei Erkrankten Menschen zu Entlastung führen. Betrachten Sie die körperlichen Missempfindungen und Krankheitsängste des an Depression Erkrankten nicht als übertrieben oder «eingebildet». Es ist die Depression, die auch leichte Schmerzen oder Missempfindungen zeitweise ins kaum Erträgliche steigern kann.
  • Akzeptanz des Befindens von an einer Depression Erkrankten, den Schilderungen der Betroffenen Glauben schenken und Empfindungen akzeptieren.
  • Bei Desinteresse, Abweisung und Lustlosigkeit: Die Krankheit führt dazu, dass Ihr Lebenspartner oder Ihre Freundin plötzlich desinteressiert, abweisend und lustlos erscheinen kann. Seien Sie in dieser schweren Zeit geduldig. Sobald die Krankheit durch die Behandlung besser wird, ändert sich dies wieder. Wenden Sie sich nicht von Ihrem erkrankten Angehörigen ab, auch wenn er Ihnen noch so abweisend erscheint.
  • Geduld und Akzeptanz können in der Kommunikation und im Umgang mit erkrankten Menschen wichtig sein. Ein unterstützendes Zur-Seite-Stehen gibt Betroffenen einer Depression Halt. Depressive Menschen können sich auch zurückweisend verhalten. Dies sollte möglichst von Angehörigen nicht persönlich genommen, sondern als Symptom der Erkrankung verstanden werden.
  • Respekt dafür, dass der/die von der Depression Betroffene nicht in der Lage sein kann, gut gemeinte Vorschläge anzunehmen.
  • Verständnis für die Verzweiflung depressiver Menschen und gleichzeitiger Glaube an Besserung kann unterstützend sein und positiv erlebt werden. Verdeutlichen Sie, dass Sie auch in Zukunft zu ihm/ihr stehen werden.
  • Kinder miteinbeziehen: Auch junge Kinder können verstehen, dass ein verändertes und möglicherweise Angst auslösendes Verhalten des Elternteils auf eine Krankheit zurückzuführen ist.

Unterstützung für depressive Menschen durch Angehörige

Angehörige können auf vielerlei Weise den oder die von der Depression Betroffene/n unterstützen. Das betrifft nicht nur das Akutstadium, sondern auch die Rückfallvorbeugung. Eine gelingende Kommunikation mit depressiven Menschen ist dabei eine wichtige Schlüsselkomponente. Unterstützung aus dem sozialen Umfeld ist eine gute Hilfe dabei, die Depression zu überwinden.

 

Möglichkeiten, wie Angehörige depressiver Menschen aktiv unterstützen können, sind zum Beispiel:

  • Hilfe anbieten, Therapie- und Kontrolltermine einzuhalten
  • Bei der Vereinbarung von Behandlungsterminen zu helfen, wenn eine Verschlechterung eintritt
  • Zur regelmäßigen Medikamenteneinnahme ermutigen, sofern vorhanden
  • Sich selbst über die Erkrankung informieren (z.B. Psychoedukation an gemeinsamen Termin bei dem/der BehandlerIn).
  • Signalisieren, dass es keinen Grund für Scham oder Schuld gibt
  • Bei Selbstmordgedanken oder Suizidplänen notfallärztliche Hilfe veranlassen
  • Offenheit für Gespräche signalisieren
  • Geduld aufbringen (eine Depression ist behandelbar und bessert sich meist kleinschrittig)
  • Zu kleinen Aktivitäten und Unternehmungen aktivieren und ermutigen
  • Behutsam unterstützen, einen geregelten Tagesablauf zu finden (oft fällt der Beginn der Aktivitäten schwer, sowie Alltägliches wie Aufstehen, Waschen und Ankleiden)
  • Wichtige Entscheidungen vertagen (vielen fällt das Entscheiden schwer. Betroffene nehmen die Realität in vielen Punkten durch die „depressive Brille“ wahr und würden ohne diese möglicherweise vollständig anders bewerten)
  • Urlaubsreisen oder Wellness-Wochenenden verschieben, sie stellen häufig eine Überforderung im Akutstadium dar
  • Offene Gespräche und Empathie: Eine gelingende Kommunikation mit erkrankten Menschen kann diese entlasten und ihnen das Gefühl vermitteln, verstanden zu werden

Wenn Sie unsicher sind, können Sie Möglichkeiten mit dem/der behandelnden Arzt/Ärztin oder Psychotherapeuten/ Psychotherapeutin besprechen. Häufig werden im Rahmen der Behandlung einer Depression Gespräche für PartnerInnen oder andere Angehörige angeboten.

Die (unipolare) Depression und depressive Verstimmung

Eine depressive Erkrankung wird den psychischen Erkrankungen zugeordnet. Ein erkrankter Mensch fühlt sich häufig niedergeschlagen, es geht ihm einen längeren Zeitraum schlecht und er hat einen sehr negativen Blick auf das eigene Leben. Wie sich eine depressive Person fühlt, kann von Außenstehenden oft kaum nachvollzogen werden. Umso wichtiger ist es, so zu kommunizieren, dass es Angehörigen und Betroffenen gut damit geht. Dabei hilft es, zu wissen, welche Formen von Depression es gibt.

Die Depression ist eine vielschichtige Krankheit. Dabei kann zwischen einer ernsthaften Erkrankung und einer depressiven Verstimmung unterschieden werden.

Unipolare Depression

Die „klassische“ Depression ist die unipolare Depression. Nach dem internationalen Krankheitsklassifikationssystem ICD-10 wird als unipolare Depression folgendes Beschwerdebild definiert: Eine depressive Episode dauert über mindestens zwei Wochen an. Sie ist dabei nicht auf psychotrope Substanzen oder eine organische psychische Störung zurückzuführen. Nie sind (hypo)manische Symptome aufgetreten. Die Hauptmerkmale einer unipolaren Depression sind:

  • Depressive, gedrückte Stimmung mit einem für den/die Betroffene/n ungewöhnlichen Ausmaß. Diese liegt über die meiste Zeit des Tages sowie beinahe jeden Tag vor. Sie ist im Wesentlichen unbeeinflusst von Umständen.
  • Interessen- oder Freudlosigkeit
  • Verminderung des Antriebs oder erhöhte Ermüdbarkeit

Weitere (Zusatz-)Symptome der Depression können ein Verlust des Selbstvertrauens oder Selbstwertgefühls sein, unbegründete Selbstvorwürfe, unangemessene Schuldgefühle, wiederkehrende Gedanken an Tod, Suizid oder suizidales Verhalten, ein vermindertes Konzentrationsvermögen oder eingeschränkte Denkfähigkeit, Unschlüssigkeit oder Unentschlossenheit, Agitiertheit, Hemmung der Psychomotorik, Schlafstörungen, veränderter Appetit und daher verändertes Körpergewicht.

Depressive Verstimmung

Wenn depressive Symptome über einen kürzeren Zeitraum auftreten, spricht man von einer depressiven Verstimmung. In Abgrenzung zu Depression, hat diese hat noch keinen Krankheitswert und kann zum Beispiel nach Phasen starker Anspannung auftreten. Folgende Beschwerden sind dann häufig zu beobachten und dauern bis zu zwei Wochen an:

  • Starke, anhaltende Müdigkeit
  • Apathie
  • Lethargie
  • Schlafstörungen
  • Appetitlosigkeit
  • Geringere Libido
  • Reizbarkeit
  • Angst
  • Schmerzen

Dabei müssen nicht zwingend alle aufgelisteten Symptome bei einer depressiven Verstimmung auftreten. Depressive Symptome unterscheiden sich von Person zu Person. Das Erscheinungsbild kann vielfältig und unterschiedlich sein. Hier erfahren Sie mehr über die klinische Depression.

Depression bei Kindern und Jugendlichen

Depressive Erkrankungen können in jedem Alter auftreten. Bei Kindern und Jugendlichen werden häufiger depressive Verstimmungen als depressive Episoden beobachtet. Besteht eine depressive Stimmung über einen längeren Zeitraum, beeinträchtigt den Alltag stark oder nimmt Einfluss auf die schulische Leistungsfähigkeit oder andere Lebensbereiche, empfiehlt sich eine ärztliche Abklärung. Ob eine Depression vorliegt, sollte von einem Arzt oder eine Therapeutin festgestellt werden. So kann eine mögliche Gefahr der Einflussnahme auf die Entwicklung des Kindes/ Jugendlichen abgewendet werden und sichergestellt werden, dass das Kind die Hilfe bekommt, die es braucht. Außerdem kann ein frühes therapeutisches Eingreifen der Ausbildung einer schwerwiegenden psychischen Krankheit vorbeugen.

Hilfe für Angehörige von erkrankten Menschen

Wenn lange Zeit im Mittelpunkt steht, wie sich die erkrankte Person fühlt, gerät eventuell in Vergessenheit, wie sich es den Personen in ihrem Umfeld geht. Angehörige von an einer Depression erkrankten Menschen erleben häufig Gefühle von Hilflosigkeit, Trauer, Ärger und Wut. Das ist eine häufige und normale Reaktion auf das Miterleben einer Depression. Vorsicht ist geboten, weil es zu einer Überforderung oder Überlastung des/der Angehörigen kommen kann: Wer einem psychisch kranken Menschen zur Seite steht und helfend unterstützt, sollte sich auch über die eigene Belastung im Klaren sein.

 

Die Depression ist eine schlimme Krankheit – auch für Angehörige. Sprechen Sie mit FreundInnen, Familienmitgliedern, anderen betroffenen Angehörigen oder jemand von ärztlicher/psychotherapeutischer Seite darüber. Das Besuchen einer Selbsthilfegruppe, Abwechseln im Unterstützen des/der Betroffenen, Psychohygiene mit FreundInnen oder eine eigene Therapie kann hilfreich sein. Auch für Sie ist die Depression des/der Angehörigen eine schwere Zeit, in der auch sie selbst Hilfe in Anspruch nehmen dürfen. Es hilft niemanden, wenn gutgemeinte Unterstützung dazu führt, dass es der helfenden Person nicht mehr gut geht. Unterstützung kann dabei helfen, gesund zu bleiben.

Psychotherapie bei Oberberg für depressive Menschen und/oder deren Angehörige

In den Oberberg Kliniken für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie unterstützen wir unter anderem depressive Menschen sowie ihre Angehörige in schweren seelischen Krisensituationen mit effizienten Behandlungskonzepten. Dabei glauben wir fest an das Zusammenwirken von Menschlichkeit, Verbundenheit und Evidenz in einer erstklassigen Umgebung, die von einer herzlichen Atmosphäre aus Achtsamkeit, Zugewandtheit, Respekt und gegenseitigem Vertrauen geprägt ist. 

Gemeinsam mit Ihrem TherapeutInnen-Team könne Sie besprechen, welches individuelle evidenzbasierte Behandlungskonzept für Sie zum Beispiel bei der Behandlung einer Depression den größten Therapieerfolg verspricht. Hier erfahren Sie mehr über Behandlungsmöglichkeiten.

Dazu stehen verschiedene Formen von Psychotherapien, Fachtherapien, ergänzenden Behandlungsverfahren und Selbsthilfegruppen bei Depression zur Auswahl. Hier erhalten Sie weitere Informationen über Therapiemethoden in den Oberberg Fachkliniken.

Schnelle Hilfe bei seelischen Krisenzuständen

Wenn Sie meinen, eine drohende Lebensgefahr zu erkennen, sollten Sie:

  • Die Situation ernst nehmen
  • Dem/der Betroffenen zuhören
  • Das Gespräch aufrechterhalten
  • Den Rettungsdienst oder die Polizei rufen
  • Die Person nicht allein lassen, bis Hilfe eintritt
  • Gefährliche Gegenstände beseitigen
  • Sich nicht selbst in Gefahr bringen
  • Versuchen, Ruhe zu bewahren

Egal, ob Sie sich selbst oder jemand anderes in einer akuten Krise befindet -, wenden Sie sich bitte an den/die behandelnden/n Arzt/Ärztin oder Psychotherapeuten/ Psychotherapeutin, die nächste Klinik oder den Rettungsdienst unter 112.

Sie erreichen außerdem die Telefonseelsorge rund um die Uhr und kostenfrei unter 0800-111 0 111 oder 0800-111 0 222.

 

Kontaktaufnahme zu Oberberg – für Betroffene und ihre Angehörigen

Gerne beantworten wir Ihnen all Ihre Fragen - vertrauensvoll und diskret.

Sie wünschen mehr Informationen zu unserem therapeutischen Behandlungsangebot, zu Depression oder anderen Themen? Dann würden wir uns freuen, wenn Sie mit uns persönlichen Kontakt unter der Telefonnummer  0800 5577330 (gebührenfrei) aufnehmen. Außerhalb Deutschlands wählen Sie bitte +49 30 20867301-0. Wenn Sie einen Rückruf für ein persönliches Gespräch vereinbaren möchten, füllen Sie bitte hier das Kontaktformular aus. Wir werden uns dann schnellstmöglich bei Ihnen melden

Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin. (2020). Patienteninformation: Depression – Angehörige und Freunde. Berlin: Kassenärztliche Bundesvereinigung. ww.kbv.de/media/sp/Patienteninformation_Depression_Angehoerige.pdf

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Zentrum für Angewandte Gesundheitswissenschaften (2011, 28. April). Depressive Stimmungen bei Schülerinnen und Schülern: Personale und schulische Risikofaktoren und Ansatzpunkte zur Prävention und Intervention. DAK. dak.de/dak/download/studie-depressionen-schueler-2127764.pdf