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Schwerpunkt Chronischer Schmerz

Bei der Behandlung chronischer Schmerzen steht neben der umfangreichen somatischen Abklärung die Erfassung von psychischen Komorbiditäten und deren gezielte Behandlung im Fokus. Im Rahmen der Psychotherapie geht es vor allem um den Umgang mit dem Schmerz im Sinne einer veränderten Haltung dazu.
Wir suchen dabei nach neuen Wegen, chronische Schmerzpatienten so erfolgreich wie möglich zu behandeln.

 

Seit Januar 2020 bezieht die Oberberg Fachklinik Rhein-Jura neben der Psychopharmatherapie bewährte Dritte Welle-Verfahren der Verhaltenstherapie in Kombination mit achtsamkeitsbasierten Therapien und Entspannungs- und Bewegungsangeboten in die Therapie von chronischen Schmerzpatienten ein. Insbesondere die Acceptance und Commitment-Therapie (ACT) weist dabei einen möglichen Weg aus der Sackgasse des chronischen Schmerzes: Aufgabe des Kampfes gegen den Schmerz.

Wengenroth, Therapie-Tools ACT 2012

 

Cathrine Bushnell, eine bedeutende Schmerzforscherin, hat beschrieben, wie chronischer Schmerz entsteht: Schmerzreize werden über das Rückenmark zum Thalamus geleitet, von dort in Richtung des sensorischen Cortex, der für die sensible Wahrnehmung zuständig ist. Die eigentliche Schmerzstärke wird jedoch durch Aktivierung anderer Hirnareale bedingt: Gyrus cinguli (ACC), Insula, Amygdala, Hippocampus sowie der präfrontale Cortex sind dabei entscheidend. All diese Bereiche gehören auch zu unserem zentralen Stressverarbeitungssystem, so dass Schmerz für das Gehirn nur eine besondere Variante von Stress darstellt.
Eine adäquate Bewertung des Schmerzreizes führt im Sinne einer Top-Down-Regulation zu einer Schmerzreduktion. Bei Patienten mit chronischem Schmerz (insbesondere Fibromyalgie) ist diese Schmerzhemmung defekt: Der Schmerz bleibt im Gehirn!

Ganzheitliche Therapie zur Behandlung

Klassisches Schmerzbewältigungstraining (SBT) greift bei vielen chronischen Schmerzpatienten zu kurz, insbesondere bei Menschen, deren Stressverarbeitungssystem bereits in Kindheit und Jugend durch ungünstige psychosoziale Bedingungen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Eine neuere Metaanalyse kommt dabei für Fibromyalgie zu einer 2,5fach, für multilokulären Schmerz zu einer 3,4fach erhöhten Vulnerabilität (Afari et al. 2014). Es bedarf hier einer ganzheitlichen Therapie, die Verstand, Emotion sowie achtsamkeits- und bindungsbezogene Elemente umfasst mit dem Ziel, „des inneren Erlebens bewusster zu werden“ und „mit dem emotionalen Gehirn Freundschaft zu schließen“ (Bessel van der Kolk).

Es geht uns dabei nicht um die Heilung eines möglichen Traumas im Sinne einer Traumatherapie, sondern um ein für den Patienten hilfreiches Verständnis, im Sinne einer vertikalen Analyse seiner Lebensgeschichte mögliche Wurzeln des chronischen Schmerzes zu erkennen. Dies kann der in Erkenntnis münden: „Ich lasse mir mein Leben durch den Schmerz nicht zerstören“.

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