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Ist weinen gesund?

Weinen kann gesund sein. Es hat eine schützende und reinigende Wirkung und kann emotionale Entlastung bieten. Die Auslöser für das Vergießen von Tränen sind unterschiedlich. Neben äußeren Reizen wie Kälte und Wind bringen körperliche Schmerzen sowie Gefühle der Trauer und Verzweiflung, aber auch der Freude jemandem zum Weinen. Besteht eine anhaltende Niedergeschlagenheit und kommt es täglich zu einem regelrechten Heulkrampf, sollte die Ursache dafür abgeklärt werden. Ständiges Weinen kann ein Anzeichen einer Depression sein, die sich mit psychotherapeutischen Maßnahmen effektiv behandeln lässt.

Was beim Weinen mit dem Körper passiert

Beim Weinen erlebt der Körper einen komplexen biochemischen Prozess. Zunächst setzt der Organismus das Hormon Adrenalin frei. Das Stresshormon aus der Gruppe der Katecholamine stimuliert die Tränendrüsen und leitet somit den Beginn des Tränenflusses ein. Parallel dazu führt die Ausschüttung von Adrenalin zu einem Anstieg des Blutdrucks und der Atemfrequenz. Dadurch wird die Sauerstoffversorgung gesteigert und das Nervensystem und die Muskulatur besser unterstützt. Während des Weinens spielen jedoch nicht nur Adrenalin und der Tränenfluss eine Rolle. Es werden weitere Hormone freigesetzt, die unterschiedliche Wirkungen erzielen:

  • Endorphine
  • Oxytocin
  • Prolaktin
  • Adrenocorticotropin

Endorphine stellen eine Art natürliche Anästhesie dar und besitzen die Fähigkeit, Schmerzen zu mildern. Die Hormone ähneln Opiaten und binden sich an die Opioidrezeptoren des Gehirns. Auf diese Weise können Endorphine die Weiterleitung von Schmerzsignalen hemmen, die Schmerzempfindung verändern und körperliche Schmerzen dämpfen. Endorphine werden auch als Glückshormone bezeichnet, da sie eine stimmungsaufhellende Wirkung haben. Daneben stärken sie das Immunsystem, weshalb Weinen gesund sein kann. Die schmerzstillenden und aufheiternden Hormone werden allerdings nur für kurze Zeit ausgeschüttet. Ein anhaltendes Weinen führt demnach nicht zur andauernden Ausschüttung. Oxytocin ist auch als Bindungshormon bekannt, da es soziale Verbindungen fördert. Das Hormon hat eine wohltuende Wirkung auf das emotionale Wohlbefinden und kann im Körper zur Stressreduktion und Schmerzlinderung beitragen. Prolaktin ist ein Hormon, das beruhigend wirkt. Es wird im vorderen Teil der Hirnanhangsdrüse gebildet und normalerweise mit der Milchproduktion bei Frauen verbunden. Ein hoher Prolaktin-Spiegel ist jedoch problematisch und kann Symptome wie Kopfschmerzen und depressive Verstimmungen auslösen. Adrenocorticotropin wird von der Hypophyse freigesetzt und stimuliert die Produktion von Cortisol in den Nebennieren. Cortisol bereitet als Stresshormon den Körper auf eine Belastung vor. Wer weint, setzt also einen vielschichtigen, regulierenden Prozess in Gang, der in Verbindung mit diversen Botenstoffen steht. Die ausgeschütteten biochemischen Substanzen helfen dabei, dass körperliche Schmerzen abgeschwächt werden und sich eine emotionale Entlastung einstellen kann. Deshalb gilt bis zu einem gewissen Maß Weinen als gesund.

Unterschiedliche Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit

Im Laufe eines Lebens produzieren die Tränendrüsen etwa 80 bis 100 Liter Tränenflüssigkeit und dies unabhängig von Emotionen. Die salzige Körperflüssigkeit schützt die Sehorgane vor dem Austrocknen und ist verantwortlich für die Reinigung der Horn- und Bindehaut der Augen. Mittels der Tränenflüssigkeit werden Keime, Staub und Reizstoffe, die beispielsweise beim Zwiebelschneiden auftreten, entfernt. Die chemische Zusammensetzung unterscheidet sich je nach Grund der Tränen. Reflextränen werden durch äußere Reize wie Wind und Rauch ausgelöst. Ihr Hauptzweck ist es, das Auge vor externen Faktoren zu schützen und Fremdkörper wegzuspülen. Reflextränen fließen schneller und haben im Vergleich zu emotionalen Tränen eine höhere Konzentration an Schutzstoffen. Insbesondere Lysozym, das antibakterielle Eigenschaften hat und dazu dient, die Augen vor Infektionen zu schützen, lässt sich in solchen Tränen verstärkter nachweisen. Auch Schleimstoffe sind vermehrt enthalten. Diese umhüllen Fremdkörper und erleichtern das Entfernen dieser. Tränen, die aus emotionalen Gründen kullern, weisen mehr Eiweiße auf. Zudem ist die Konzentration an Kalium und Mangan höher als in Tränen durch äußere Reize. Tränenflüssigkeit, die durch Gefühle produziert wird, kann auch bestimmte Mengen von Stresshormonen und anderen biochemischen Substanzen enthalten, die im Zusammenhang mit emotionalen Reaktionen stehen.

Tränen als Reinigungsprozess für den Organismus

Tränen können als Mechanismus zur Eliminierung von im Körper angesammelten Schadstoffen dienen, die durch Stress verursacht werden. Das Weinen kann somit als eine Art Reinigungsprozess für den Organismus fungieren, indem es schädliche Substanzen ausspült und somit zu einem besseren inneren Gleichgewicht führt. Diverse Forscher gehen davon aus, dass emotionale Tränen einen sogenannten Katharsis-Effekt haben und deshalb Weinen gesund ist. Es kann bei der Stressbewältigung helfen, Erleichterung verschaffen und eine Balance der Gefühle wiederherstellen. Allerdings sind Tränen nicht primär dazu bestimmt, spezifische Stressschadstoffe zu eliminieren. Der Abbau von Hormonen erfolgt in erster Linie über die Leber und die Ausscheidung über die Nieren. Außerdem wirkt das Weinen nicht allgemein erleichternd. Die Effekte werden von Person zu Person unterschiedlich wahrgenommen. Extrovertierte Menschen, die im Beisein einer Trost spendenden Person ihren Gefühlen freien Lauf lassen, können eine emotionale Entlastung verspüren. Jemand, der unter einer Depression oder depressiven Verstimmung leidet, kann keine oder nur eine geringe Entspannung erleben.

Tränen nicht zurückhalten

Weinen ist eine natürliche menschliche Reaktion auf verschiedene emotionale Zustände wie Trauer, Schmerz, Frustration und Freude. Das Vergießen von Tränen ermöglicht es, Emotionen zu akzeptieren und zu verarbeiten. Es ist ein Bestandteil der emotionalen Intelligenz, die dabei hilft, Gefühle zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren. Das Unterdrücken von Tränen wird nicht empfohlen, da dies einen zusätzlichen emotionalen Druck aufbauen kann. Je nach Ausprägung der Belastung kann dies auch körperliche Beschwerden nach sich ziehen. Zu den physischen Folgen aufgrund einer Unterbindung des Weinens zählen:

  • Kopfschmerzen
  • Bluthochdruck und Herzerkrankungen
  • Magenschmerzen

Depressionen können ebenfalls durch das Zurückhalten entstehen. Wenn Tränen unterdrückt werden, können sich Gefühle aufstauen und langfristig zu emotionalen Problemen führen. Weinen ist außerdem eine Form der nonverbalen Kommunikation. Es signalisiert anderen, dass man emotional belastet ist und möglicherweise Unterstützung und Verständnis benötigt. Schließlich kann das Weinen auch Teil einer tieferen emotionalen Krise sein, die professionelle Hilfe erfordert. Wird der Tränenfluss mit Absicht unterbunden, kann das Missverständnisse oder gar einen Mangel an emotionaler Verbindung hervorrufen. Es ist aber zu beachten, dass sich manche Menschen unwohl fühlen, wenn sie in der Gegenwart von anderen Personen Tränen vergießen. Niemand sollte sich genötigt fühlen, Emotionen durch das Weinen zu zeigen.

Ständiges Weinen ist nicht gesund

Das gelegentliche Weinen wird als normale emotionale Reaktion auf verschiedene Lebensereignisse betrachtet und kann heilsam sein. Wer tagtäglich weint, sollte die Hintergründe dafür identifizieren. Ständiges Weinen kann verschiedene negative Auswirkungen haben und ein Anzeichen für Probleme mit der psychischen Gesundheit sein. Folgen können sein:

  • Dehydration
  • Erschöpfung
  • geschwollene Augenlider
  • eingeschränkte Fähigkeit zur Bewältigung von Alltagsaufgaben
  • Verstärkung eines psychischen Leidens
  • Belastung von zwischenmenschlichen Beziehungen

Exzessives Weinen führt zu einem erhöhten Flüssigkeitsverlust. Wenn das Tränenvergießen übermäßig ist, kann das demnach zu Dehydration führen und dadurch verschiedene gesundheitliche Probleme verursachen. Zudem kann es körperlich anstrengend sein und Müdigkeit und Erschöpfungszustände bewirken. Wer viel weint, belastet die Haut um die Augen durch bestimmte Stoffe in der Tränenflüssigkeit. Das ruft häufig geschwollene Augenlider hervor. Daneben kann eine regelmäßige Weinattacke die allgemeine Lebensqualität und das Erledigen von Alltagsaufgaben beeinträchtigen. Weinen ist auch oft mit Stress verbunden und kann dadurch einen Anstieg von Stresshormonen wie Cortisol auslösen. Eine hohe Konzentration des Hormons hat langfristig negative Auswirkungen auf das Immunsystem und den Stoffwechsel. Es ist ebenso möglich, dass man sich aufgrund des exzessiven Weinens schlechter fühlt und stärker in eine Depression verfällt. Darüber hinaus kann ständiges Weinen soziale Folgen haben und Beziehungen belasten. Menschen im Umfeld könnten sich überfordert fühlen und den Kontakt zur betroffenen Person meiden.

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Weinen ohne ersichtlichen Grund

Auch wenn man nie ohne eine bestimmte Ursache weint, können für Betroffene die Hintergründe unklar sein. Es gibt verschiedene Auslöser, die jemanden zum Weinen bringen. Dazu müssen keine äußeren Reize, Schmerzen oder Emotionen wie Trauer vorliegen. Ursachen können sein:

Hormone üben einen maßgeblichen Einfluss auf die Abläufe im Körper aus und beeinflussen die Gemütslage. Beispielsweise erfolgt in der zweiten Phase des weiblichen Zyklus eine schlagartige Abnahme der Serotoninproduktion. Dieser Umstand ist bedingt durch die Wirkung der Geschlechtshormone Gestagen und Östrogen. Die Abnahme führt zu einem rapiden Abfall des Glückshormonspiegels. Die daraus resultierenden Effekte können Stimmungsschwankungen, Niedergeschlagenheit und eine vermehrte Traurigkeit sein. In hormonellen Ausnahmesituationen, die während der Schwangerschaft, durch Verhütungsmittel wie die Pille und den Wechseljahren auftreten, können die Konsequenzen des Hormonwechsels noch erheblicher ausfallen. Ein Grund kann ebenso extremer Stress sein. Der Tränenausbruch ist dann ein Mittel des Körpers, um mit der Belastung besser umzugehen. Auch kann eine Verarbeitung des Überangebots an Reizen scheinbar grundloses Weinen bewirken. Vor allem sehr sensible Menschen und Autisten nehmen ihre Umwelt intensiver wahr. Außerdem spielen Depressionen und andere psychische Leiden eine Rolle. Der Stoffwechsel des Gehirns ist bei betroffenen Personen gestört, sodass die Botenstoffe nicht wie bei gesunden Menschen ihre Funktion erfüllen können. Des Weiteren sind Schlaganfälle, eine Demenzerkrankung und andere Beeinträchtigungen des Gehirns mögliche Verursacher. Infolgedessen kann eine sogenannte Affektinkontinenz auftreten, die einen Gefühlsausbruch ohne erkennbaren Auslöser bewirkt. Die Störung der Steuerungsfähigkeit von Gefühlsäußerungen kann ebenso durch Drogen- und Alkoholmissbrauch verursacht werden.

Exzessives Weinen und die Psyche

Wenn jemand sehr viel weint, kann eine Depression, Angststörung oder auch bipolare Störung vorliegen. Personen, die an Depressionen leiden, können oft übermäßig traurig sein und Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen zu kontrollieren. Der Tränenfluss kann dann ein Ausdruck dieser tiefen Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit sein. Menschen mit Angststörungen erleben häufig intensive emotionale Belastungen. Die ständige Sorge und Furcht können einen starken Gefühlsausbruch hervorrufen. Bipolare Störungen sorgen für extreme Hochs und Tiefs. Diese emotionalen Schwankungen lösen Reaktionen aus, die auch übermäßiges Weinen einschließen können. Halten die ständigen Weinattacken über mehr als zwei Wochen an, sollte ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. In einer passenden Therapie lassen sich die Ursachen identifizieren und durch geeignete Methoden zumindest eine Linderung herbeiführen.

Psychische Probleme mittels Therapie behandeln

In einer therapeutischen Maßnahme lassen sich die psychischen Hintergründe des Weinens ermitteln und professionell behandeln. Das Angebot der Oberberg Kliniken umfasst verschiedene Ansätze der Psychotherapie und ermöglicht Patienten eine ganzheitliche Behandlung in stressfreier Umgebung. Ein Team aus qualifizierten Medizinern und Therapeuten begleitet Betroffene in anspruchsvollen seelischen Lebensphasen und unterstützt sie auf ihrem Weg zurück zu einem erstrebenswerten und gesunden Lebensstil. Die Behandlung wird dabei auf die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten zugeschnitten und durch etablierte klassische als auch moderne Konzepte gestaltet. Die Oberberg Kliniken sind landesweit im Bereich der Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie aktiv und betreuen Menschen aller Altersgruppen. Dabei reichen die Facheinrichtungen von Therapiezentren in städtischen Gebieten bis zu ruhigen, von der Natur umgebenen Spezialkliniken.

Ganz gleich, ob es um tagesklinische oder stationäre Behandlungen handelt, jeder Patient wird durch ein vielfältiges therapeutisches Spektrum versorgt. Das Konzept basiert auf den neuesten Erkenntnissen aus der Wissenschaft und der klinischen Praxis, das stetig erweitert und an neue innovative Methoden angepasst wird. Therapiert werden eine Vielzahl psychischer Leiden wie Angststörungen, bipolare Störungen, Burnout, Depressionen, Essstörungen, Schlafstörungen, Sucht- und Abhängigkeitserkrankungen und Zwangsstörungen. Während des Aufenthalts achten die ausgebildeten Ärzte und Therapeuten auf die persönlichen Bedürfnisse der Gäste und binden diese ins Therapiekonzept ein. Die Maßnahmen schließen traditionelle und neue Methoden, Entspannungstechniken sowie bewegungs- und kreativtherapeutische Elemente ein. Das Klinikteam arbeitet dabei interdisziplinär zusammen, um eine bestmögliche Behandlung zu gewährleisten.

FAQ

Weinen kann gesund sein und emotionalen Druck abbauen. Es kann dabei helfen, Stress zu reduzieren und Schmerzen zu lindern. Zudem kann durch die Ausschüttung von Endorphinen ein positiver Effekt auf das Immunsystem erzielt werden.

Exzessives, ständiges Weinen ist nicht gesund und sollte medizinisch abgeklärt werden. Dehydration, geschwollene Augen, eine Verstärkung depressiver Verstimmungen und Depressionen sowie Erschöpfungszustände sind typische Auswirkungen aufgrund des anhaltenden Weinens.

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Laves C. U. (2020). Die Sprache der Tränen. Ein Workshopkonzept für Begleiter, um Klienten beim Weinen entspannter zu begleiten

Sharman, L. S., Dingle, G. A., Vingerhoets, A. J. J. M., Vanman, E. J. (2020). Using crying to cope: Physiological responses to stress following tears of sadness. Emotion, 7, 1279-1291

Lincke L., Kölch M. (2021). Emotionale und depressive Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Kinder- und Jugendmedizin, 2, 103-108

Gutjahr F., Möller H. (2022). Weinen im Coaching – oder: Gehört der Taschentuchspender in jede Coachingpraxis?. Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 29, 209-224
 

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