18.08.2021

Wenn aus dem Rausch Sucht wird

Suchtexpertin Dr. med. Reingard Herbst über den Kinofilm „Der Rausch“

Bad Bayersoien, 17. August 2021. Vier Freunde starten ein Experiment und bringen ihren Alltag auf einen neuen Pegel. Mit täglich 0,5 Promille Alkohol im Blut möchten die Lehrer schauen, ob und wie sich ihr Leben verändert. Thomas Vinterbergs Film „Der Rausch“ ist aktuell in aller Munde und wird von den Kritikern hochgelobt – so gewann die dänische Tragikomödie den europäischen Filmpreis und wurde bei der Oscarverleihung 2021 ausgezeichnet. Suchtexpertin Dr. med. Reingard Herbst, Chefärztin der NESCURE® Privatklinik am See, kommentiert das Werk und erklärt, was tägliches Berauscht-Sein mit Menschen macht.

Wie (un-)bedenklich ist der tägliche Konsum von Alkohol in geringen Mengen?
Größere Studien belegen, dass auch geringer regelmäßiger Alkoholkonsum das Risiko für körperliche Erkrankungen, v.a. Krebserkrankungen, erhöht. Gleichwohl wären geringe Mengen an Alkohol auch bei regelmäßigem Konsum für viele körperlich tolerierbar, doch täglicher Konsum führt in aller Regel zu einer Abhängigkeit. Die körperlichen Auswirkungen eines regelmäßigen geringen Alkoholkonsums kommen häufig erst zum Vorschein, wenn sie spürbar werden, beispielsweise, wenn eine Leberfunktionsstörung oder kognitive Störungen auftreten. Der Zellschaden bei Alkoholkonsum lässt sich nicht messen. Sucht beginnt jedoch da, wo der Neurotransmitterhaushalt und damit das Belohnungssystem direkt auf den Alkohol reagieren. Alkohol wird dann benutzt, um einen Effekt im Bereich „positiver Gefühle“ zu erleben.

Wann kippt der scheinbar „positive“ Effekt von Alkohol?
Mit Alkohol werden Angst- und Hemmungsmechanismen abgeschwächt, d.h. Alkohol enthemmt, macht „mutiger“ und kann dadurch zunächst einen positiven Effekt für den Konsumenten haben. Leider kippt diese Lage im Laufe des Konsums früher oder später. Viele Abhängige berichten, dass sie gerade unter Alkoholeinwirkung oder in den Trinkpausen Angst und Panik bekommen. Und die Enthemmung macht dem Gefühl von Scham und Schuld Platz.

Funktionierende Alkoholiker: Gibt es sie?
Nur als Begriff: Abhängige Menschen funktionieren oftmals nur noch mit Alkohol. Ohne Alkoholzufuhr können sie ihren Alltag nicht mehr bewältigen und kommen aus diesem Kreislauf nicht mehr heraus, obwohl sie diesen fatalen Zustand bemerken und irgendwann beenden wollen. Funktion und dysfunktionales Verhalten liegen dann eng beieinander. Irgendwann kippt dieses System auch und der Abhängige bekommt nichts mehr geregelt.

„Eine Schippe drauf legen“: ein (unausweichlicher) Gewöhnungseffekt?
Die Schippe darauf legen müssen abhängige Menschen immer, sonst wären sie nicht abhängig. D.h., der erwartete Effekt der Enthemmung, des momentanen Glücks, der Beruhigung tritt nicht mehr mit der gewohnten Menge ein. Es muss mehr getrunken werden und dann ist die negative Wirkung des Alkohols (z.B. inadäquate Stimmungsschwankungen) noch offensichtlicher. Die Protagonisten im Film entscheiden sich schnell dazu, mehr zu trinken, um den Effekt noch zu intensivieren. Hier muss es sich nicht gleich um eine Abhängigkeit handeln. Die vier Figuren gehen aber ein hohes Risiko ein, mit ihrem Verhalten eine Abhängigkeit zu provozieren.

Wie machen sich Wesensveränderungen aufgrund von regelmäßigem Alkoholkonsum bemerkbar?
Stimmungsschwankungen sind typisch bei abhängigen Menschen – sie können übermäßige Freude, Redseligkeit und Logorrhoe, aber auch Streitsucht, Wut und Aggression bis hin zu Weinerlichkeit und Depression umfassen und sind in jedem Falle unpassend. Irgendwann wird die negative Wirkung des Alkohols für alle sichtbar, zum Beispiel durch Sprech- oder Gleichgewichtsstörungen.

Ist ein Stopp des Alkoholkonsums möglich?
Zwar kann es möglich sein, von selbst mit dem Alkoholtrinken aufzuhören. Doch leider schaffen es die meisten Abhängigen nicht, ohne Therapie den Alkoholkonsum zu stoppen und vor allem dann trocken zu bleiben. Hier hilft eine Therapie beim Entzug und Entwöhnung.

„Wer alkoholkrank ist, kann sich helfen lassen. Neben einer Entgiftung ist eine individuell auf den Patienten zugeschnittene therapeutische Behandlung in einer Klinik stationär oder ambulant ratsam. Hier findet auf der psychischen Ebene eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Suchtmittelkonsums im individuellen, sozialen und beruflichen Lebensbereich statt. Bei bestehenden Problemsituationen werden in therapeutischen Gesprächen Lösungsstrategien ohne Suchtmittel erarbeitet“, rät die Suchtexpertin und Chefärztin der NESCURE Privatklinik am See.

Zur Klinik: Die NESCURE® Privatklinik am See ist eine der wenigen Kliniken in Deutschland, die sich auf die Behandlung einer Alkoholabhängigkeit als Hauptsuchtmittel spezialisiert hat. Der qualifizierte Entzug ist dank der eingesetzten Neuro-Elektrischen Stimulation (NES) sanft, in nur drei Wochen in kleinen Patientengruppen effektiv und effizient umsetzbar. Außerdem ist er aufgrund der professionellen Nachbetreuung besonders nachhaltig. Die NESCURE® Privatklinik am See ist eine Fachklinik der Oberberg Gruppe, dem führenden Qualitätsverbund privater Fachkliniken im Bereich Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Deutschland.
Weitere Informationen:www.nescure.de 

Über die Oberberg Gruppe: Die Oberberg Gruppe mit Hauptsitz in Berlin ist eine vor mehr als 30 Jahren gegründete Klinikgruppe mit einer Vielzahl an Fach- und Tageskliniken im Bereich Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie an verschiedenen Standorten Deutschlands. In den Kliniken der Oberberg Gruppe werden Erwachsene, Jugendliche und Kinder in individuellen, intensiven und innovativen Therapiesettings behandelt. Darüber hinaus existiert ein deutschlandweites Netzwerk aus Oberberg City Centers, korrespondierenden Therapeuten und Selbsthilfegruppen.
Weitere Informationen:www.oberbergkliniken.de 

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