11.08.2021

Genesen, aber noch lange nicht gesund

Neuropsychiatrische Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion

Düsseldorf, 11.08.2021 – Nach 1,5 Jahren Pandemie werden die langfristigen Folgen einer COVID-19-Erkrankung deutlicher. Nach überstandener Infektion sind viele Betroffene noch lange nicht gesund. Auch wenn das Virus im Körper nicht mehr nachweisbar ist, hinterlässt es bei vielen Betroffenen physische und psychische Spuren. „COVID-19 ist eine Multisystemerkrankung, verschiedene Organe sind betroffen, nicht nur die Lunge. Über Nervenbahnen des Geruchs- und Geschmackssinns sowie über ‚undichte‘ Blutgefäße im Gehirn kann das SARS-CoV-2-Virus auch das zentrale Nervensystem beeinträchtigen“, sagt Prof. Dr. med. Christian Lange-Asschenfeldt, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Oberberg Fachklinik Düsseldorf Kaarst. „Heute steht die Wissenschaft beim Krankheitsbild COVID-19 noch in vielen Aspekten am Anfang, lernt jedoch immer weiter dazu“, so der Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie.

Neuropsychiatrische Folgeerkrankungen einer SARS-CoV-2-Infektion
Neurologische und psychiatrische Folgeerkrankungen und Symptome einer SARS-CoV-2-Infektion werden unter dem Begriff Neuro-COVID zusammengefasst. Dazu gehören affektive Störungen wie Depressionen, Angststörungen oder eine posttraumatische Belastungsstörung und kognitive Störungen, wie z. B. Fatigue, Delir oder Enzephalopathie (Sammelbegriff für Krankheiten oder Schädigungen, die das ganze Gehirn betreffen). Diese Erkrankungen werden durch das Virus selbst verursacht, nach heutigem Erkenntnisstand v.a. durch eine überschießende Immunantwort (sog. „Zytokinsturm“). Die Symptome können kurzzeitig auftreten, also etwa Stunden bis Tage wie bei einem Delir (akute Bewusstseinsstörung). Sie können aber auch lang andauern. 75 bis 80 Prozent der von COVID-19 Betroffenen haben auch nach über einem halben Jahr noch Symptome mit erheblichem Einfluss auf die Lebensqualität und Alltagskompetenz. Zu den häufigsten anhaltenden Symptomen gehören Fatigue und Depressionen.

„Zweite Pandemiephase“ durch neuropsychiatrische Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion
Therapieansätze umfassen psychotherapeutische und psychopharmakologische Behandlungsmethoden, zu denen es erste rudimentäre Erkenntnisse gibt. „Bei Neuro-COVID als Gesamtheit hat man es im Grunde mit einer ‚zweiten Pandemiephase‘ zu tun. Mit einer Verzögerung von vielen Wochen oder wenigen Monaten wird es eine entsprechende Riesenwelle an neurologisch-psychiatrischen Erkrankungen bei Long- oder Post-COVID-Patienten geben“, warnt Prof. Dr. med. Lange-Asschenfeldt. „Dafür müssen Vorbereitungen getroffen werden und jetzt flächendeckende, interdisziplinäre Behandlungs- und Kompetenzzentren aufgestellt sowie Therapie- und Versorgungsforschung intensiviert werden, um möglichst schnell Erkenntnisse zu sammeln und gegensteuern zu können“, appelliert der Experte.

Anhaltende Beschwerden: Long-COVID und Post-COVID
Das britische National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) hat eine erste Definition von Long-COVID erstellt. Demnach spricht man bei Beschwerden in den ersten vier Wochen nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 von akuten COVID-19-Symptomen. Dauern die Symptome länger an, spricht man von Long-COVID oder, bei Beschwerden, die 12 Wochen und länger bestehen bleiben, auch vom Post-COVID-19-Syndrom. „Allerdings gibt es viele unterschiedliche Sichtweisen und Definitionen in der Wissenschaft, was die Forschung erschwert“, erläutert der Facharzt.

Informationen zum Post-COVID-Behandlungskonzept der Oberberg Kliniken sind auf der Website zu finden: https://www.oberbergkliniken.de/behandlung-des-post-sars-cov-2-/covid-19-syndroms
Ein Vortrag von Prof. Dr. med. Lange-Asschenfeldt im Rahmen der Online-Vortragsreihe „Die Pandemie und ihre Auswirkungen auf unsere Psyche“ der Oberberg Kliniken ist nachzuschauen in der Mediathek: https://www.oberbergkliniken.de/veranstaltungsreihe-pandemie-und-psyche/mediathek.
Mehr zum Thema „Neuropsychiatrische Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion“ ist von Prof. Dr. med. Lange-Asschenfeldt auch zu lesen im Kapitel „Klinisches Bild und zentralnervöse Manifestationen einer SARS-CoV-2-Infektion“ des Buchs „Psychische Erkrankungen – und die Auswirkungen einer Pandemie“ vom Elsevier Verlag, herausgegeben von Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Dipl.-Psych. Matthias J. Müller und Prof. Dr. med. Mathias Berger.

Über die Oberberg Gruppe: Die Oberberg Gruppe mit Hauptsitz in Berlin ist eine vor mehr als 30 Jahren gegründete Klinikgruppe mit einer Vielzahl an Fach- und Tageskliniken im Bereich Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie an verschiedenen Standorten Deutschlands. In den Kliniken der Oberberg Gruppe werden Erwachsene, Jugendliche und Kinder in individuellen, intensiven und innovativen Therapiesettings behandelt. Darüber hinaus existiert ein deutschlandweites Netzwerk aus Oberberg City Centers, korrespondierenden Therapeuten und Selbsthilfegruppen.

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