Die Bandbreite an psychischen Erkrankungen bei jungen Menschen ist groß – genau wie die Zahl der Betroffenen. Unser Behandlungskonzept orientiert sich an den Bedürfnissen junger Menschen und umfasst sowohl spezielle therapeutische Angebote als auch eine altersgerechte Ausstattung der Kliniken. 

Grundhaltung Grundhaltung unseres Teams im Bereich Junge Erwachsene

Die Phase der Adoleszenz bzw. des jungen Erwachsenenseins stellt eine besondere Herausforderung dar, insbesondere in unserer heutigen komplexen Gesellschaft. Auch ohne eine psychische Erkrankung kann dies eine sehr schwierige und turbulente Zeit sein. Durch eine psychische Erkrankung werden die altersentsprechenden Entwicklungsschritte bzw. das zunehmende Autonomieerfordernis (Ausbildung, Lösung vom Elternhaus, Neugestaltung sozialer Kontakte etc.) noch deutlich erschwert oder gefährdet.

 

In der Therapiegruppe der Jungen Erwachsenen bieten wir ein spezifisches Behandlungskonzept, welches in das integrative Gesamtkonzept der Klinik eingebunden ist. In diesem spezialisierten Setting innerhalb der Gesamtgruppe werden Patienten im Alter von i.d.R. 18 bis 25 Jahren behandelt. Durch die altershomogene Gruppenstruktur lassen sich die spezifischen Problemfelder viel leichter bearbeiten, da sie häufig auch bei den anderen Gruppenmitgliedern gesehen werden können. Ein weiterer Vorteil ist ein erhöhtes Gemeinschaftsgefühl sowie eine von uns immer wieder erlebte hohe Identifikation der Patienten mit diesem Bereich.

 

Wir bieten auf dieser Grundlage, neben der Behandlung der psychiatrischen Grunderkrankung, Unterstützung beim Erlernen und der Übernahme von:

 

  • Selbstverantwortung (eigenverantwortliche Lebensgestaltung)
  • Entwicklung von Identität, Lebenszielen und Selbstwertgefühl
  • Selbstwirksamkeit (realistische Alltagsbewältigung, Perspektivplanung, Zukunftsplanung)
  • Autonomie (Ablösung von den Eltern und Neustrukturierung der Kontakte zur Familie)
  • Beziehungsgestaltung (Bindungsfähigkeit, Integration der psychischen und körperlichen Veränderung durch die sexuelle Reifung)
  • Peergroup-Orientierung (in der Altersgruppe)

Krankheitsbilder Krankheitsbilder

Unser Behandlungskonzept richtet sich an junge Erwachsene mit Entwicklungskrisen im Alter von 18-25 Jahren mit folgenden Krankheitsbildern:

 

  • Angststörungen und soziale Ängste
  • Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
  • Depression
  • Emotionale Instabilität / Persönlichkeitsstörungen
  • Psychotische Störungen ohne akute Eigen- oder Fremdgefährdung
  • Suchterkrankungen (Alkohol, Cannabis u. a.)
  • Suizidale Krisen bei erhaltener Absprachefähigkeit
  • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
  • Zwangsstörungen

 

Prinzipiell werden also fast alle in dieser Altersgruppe auftretenden psychischen Erkrankungen behandelt, sofern keine akute Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegt (z. B. Suizidalität, akute starke Neigung zu gefährlicher Selbstverletzung). Für die Behandlung von Suchterkrankungen ist der Wunsch nach Abstinenz Voraussetzung, für die Behandlung von Essstörung ein Body-Mass-Index (BMI) von mindestens 17,5.

Ärztlicher Dienst

Grundlegender Bestandteil der stationären Behandlung in unserem Bereich für Junge Erwachsene (JEW) sind regelmäßige fachärztliche Kontakte. Initial erfolgt in der Regel vor der teil- oder vollstationären Aufnahme ein Erstgespräch zur gemeinsamen Einschätzung der Indikation, des individuellen Behandlungsbedarfs und des geeignetsten Therapiesettings. Im stationären Behandlungsverlauf erfolgen dann regelmäßige ärztliche Einzelgespräche und Visiten zu den medizinischen Aspekten der Akutbehandlung.

 

Diese umfassen Labor- und EKG-Kontrollen sowie ggfs. weiterführende Diagnostik (EEG, Bildgebung), die Abklärung und Mitbehandlung körperlicher Beschwerden sowie ggfs. die Initiierung und Monitoring einer psychopharmakologischen Behandlung im Rahmen der partizipativen Entscheidungsfindung. Zudem dienen die regelmäßigen psychiatrischen Kontakte zur kontinuierlichen klinischen Verlaufsbeurteilung. Auch verhaltenstherapeutisch orientierte Kurzinterventionen, psychoedukative und supportive Gespräche sowie Angehörigengespräche und die Vernetzung zu den ambulant zuweisenden Kolleginnen und Kollegen sind Teil der ärztlichen Behandlung.

Psychologisch- psychotherapeutischer Dienst

Psychotherapie stellt den Schwerpunkt der Behandlung im Bereich der Jungen Erwachsenen dar. Die psychotherapeutische Versorgung in diesem Bereich wird von einer Psychologischen Psychotherapeutin (Verhaltens­therapeutin) durchgeführt, die ausschließlich diesen Bereich betreut. Aktuell ist dies Frau B. Cedziwoda, M. Sc. In der Regel führt sie bei den jungen Patient:innen die Einzeltherapien und psychotherapeutischen Gruppen durch, letztere werden dabei zusätzlich von einer Pflegekraft begleitet.

 

Die psychotherapeutische Ausrichtung ist integrativ und beinhaltet neben dem Schwerpunkt der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) auch Bausteine aus verschiedenen sogenannten „3. Welle-Therapieverfahren“, wie z.B. der Acceptance and Commitment Therapy (ACT) oder der Schematherapie. Bei der Auswahl wird stets nach der individuellen Passung und klinischen Indikation geschaut. In der Einzeltherapie geht es darum die störungsbedingten Schwierigkeiten und Probleme der Patient:innen gemeinsam zu identifizieren, Ziele für die Behandlung festzulegen und an diesen zu arbeiten. Hierzu ist kein besonderes Vorwissen o.ä. seitens Patient:innen nötig, jedoch der Wunsch, etwas zu verändern und dabei selbst aktiv zu werden. Die Themen können dabei vielfältig sein, in der Einzeltherapie gibt es diesbezüglich keine Einschränkungen.

Pflegedienst

Im Zentrum steht die Wiederherstellung der Beziehung unserer Patienten zu sich selbst und zur Umgebung. Die Erweiterung von sozialen Kompetenzen, vor allem in alltagspraktischen Fähigkeiten und im Hinblick auf Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und Autonomie in der Gestaltung des Alltags trotz Krankheit oder Behinderung stehen im Mittelpunkt.

Es besteht eine feste pflegerische Zuordnung für den Bereich Junge Erwachsene innerhalb der Station (feste Bezugspflege). Derzeit sind drei Pflegekräfte (Frau J. Meyer, Frau A. Collar und Herr S. Berg) dem Bereich fest zugeordnet. Es besteht auch ein festes Vertretungssystem, sodass gewährleistet ist, dass pro Schicht (Frühdienst/Spätdienst) stets mindestens eine Pflegekraft speziell in dem Bereich arbeitet. Dadurch werden Konstanz und Kontinuität gesichert. Zu den Aufgaben des Pflegedienstes im Bereich Junge Erwachsene gehören:

 

  • Teilnahme am Aufnahmegespräch
  • Gemeinsame Risikoeinschätzung bei Aufnahme und im Verlauf
  • Teilnahme als Ko-Therapeut/in in Gruppentherapien
  • Teilnahme an Angehörigen-/Elterngesprächen
  • Eigene pflegetherapeutische Angebote (Achtsamkeit, Aromapflege, NADA-Ohrakupunktur, Entspannung)
  • Essensbegleitung zu den Mahlzeiten
  • Ggf. Erstkontakt bei akuten Krisen, Teilnahme an gemeinsamen Krisengesprächen im Mikroteam (Ärztin/Therapeutin/Pflege)
  • Begleitung zu Außenaktivitäten
  • Milieugestaltung/ Zimmerpflege
  • Leitung / Teilnahme an der Morgenrunde / Morgenspaziergang / Abschlussrunde
  • Aktivitäten außerhalb des Therapieprogramms (z.B. Billard, Kickern, Spaziergänge etc.) 

Sport- und Bewegungstherapie

Die Sport- und Bewegungstherapie wird von einer Sporttherapeutin durchgeführt (Frau S. Reinfeldt). Angeboten werden Gruppen- und bei Bedarf Einzeltherapien. Einzeltherapien sind geeignet z.B. für Patienten mit besonderen Bedürfnissen bzw. solche, die aufgrund ihrer Erkrankungsschwere (noch) nicht in der Lage sind, am Gruppenangebot teilzunehmen oder die aus diesem Grund einer besonderen Behandlungsintensität bedürfen.

Im Fokus der Sport- und Bewegungstherapie stehen allgemeine Aktivierung, Ressourcenstärkung, verbesserte Körperwahrnehmung, Steigerung von Belastbarkeit, Selbstbewusstsein, Lebensfreude sowie sozialer Kompetenzen. Sekundär wird eine Verbesserung von Konzentrations- und Entspan­nungsfähigkeit erzielt.

 

Das Angebot umfasst:

Sportspiele: Förderung der sozialen Kompetenzen, Stärkung der allgemeinen Fitness, Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit, Teamfähigkeit

Zirkeltraining: Fitnessstärkung, Einschätzung der eigenen Kräfte, Entwicklung eines Gefühls für den Wechsel von An- und Entspannung, Fokusverschiebung, Entspannungsfähigkeit erhöhen

Pilates: Entspannungstraining, Förderung gesunder Körperhaltung, Tiefenmuskulaturstärkung, Stressbewältigung

Morgenspaziergang: allgemeine Aktivierung zu Tagesbeginn, zirkadiane Synchro­nisation

 

Achtsamkeit (v.a. Outdoor): Integration einfacher körper- und umweltbezogener Achtsamkeits­übungen in den Alltag dienen der Selbstwahrnehmung, z.B. auch von Körperwarnsignalen und Anspannung, aber auch dem Bewusstwerden angenehmer Gefühle und somit einer Stärkung der Zufriedenheit.

Ergotherapie

Eine Therapieform, bei welcher eigene Fähigkeiten und Ideen weiterentwickelt werden, um mehr Selbständigkeit, einen größeren Handlungsspielraum und Flexibilität zu erlangen. Gerade bei der Zielgruppe der junge Erwachsenen geht es um die Thematik der Loslösung und den Gewinn von Autonomie sowie die Vorbereitung auf ein selbstbestimmtes Leben.

 

Durch Einsatz von handwerklichen Techniken / freies Gestalten ergeben sich folgende Ziele

  • Aktives Handeln (in die Handlung kommen statt „nur im Kopf zu sein“)
  • Verhaltensmuster erkennen und neu generieren
  • Planen und durchführen von Arbeitsprozessen
  • Förderung der Kreativität, Geschicklichkeit und der kognitiven Fähigkeiten
  • Verbesserung der Entspannungsfähigkeit und des Selbstbewusstseins
  • Verbesserung der Frustrationstoleranz (wie gehe ich mit Fehlern und „misslungenen“ Werkstücken um)
  • Förderung der sozialen Kompetenz in der Gruppe
  • Nonverbale Therapie als Möglichkeit, sich auszudrücken

 

Zusätzlich werden z.B. im Rahmen der wöchentlich stattfindenden Kochgruppe Selbständigkeit, Kooperation und Teamfähigkeit eingeübt, sowie Grundkenntnisse der gesunden Ernährung kennengelernt. Als Ergotherapeutin im Team Junge Erwachsene bietet Frau B. Beeser neben der Ergotherapie im Gruppensetting auch Yoga und Entspannungsverfahren in dieser Zielgruppe an.

Kunsttherapie

Die Kunsttherapie bietet die Möglichkeit sich nonverbal und gestalterisch mit den eigenen Themen auseinanderzusetzen. Im künstlerischen Prozess werden Erfahrungen gesammelt, die auch für den Alltag von Bedeutung sind: sich handelnd erleben und Veränderungen zu bewirken, mit Frustration und Erfolg gleichermaßen in Kontakt zu kommen und einen konstruktiven Umgang damit zu erlernen, neue Fähigkeiten zu erwerben und Ressourcen zu entdecken. Hier begleitet Sie Frau K. Hinze.

 

Hierfür steht ein vielfältiges Angebot von kunsttherapeutischen Methoden und Materialien (u.a. Aquarell- und Acrylfarben, Kreiden, Buntstifte und Collagenmaterial) zur Verfügung. Themen wie Ressourcenfindung und -förderung, Stärkung von Identität und Selbstwert, Umgang mit Gefühlen sowie die Auseinandersetzung mit der eigenen Zukunft stehen bei den jungen Erwachsenen dabei im Vordergrund.

 

In den Gruppenangeboten werden durch das gemeinsame Gestalten und die Besprechung der entstandenen Werke verschiedene Sichtweisen ausgetauscht und eine angemessene und wertschätzende Kommunikation geübt. Zusätzlich können bei Bedarf in Einzeltherapiestunden die eigenen Themen vertieft und individuelle Ansätze erarbeitet werden.

Sozialdienst

Die Hauptaufgabe des Sozialdienstes besteht in der individuellen Beratung und Begleitung der jungen Erwachsenen und deren Familien sowie in der Planung von Perspektiven. Dazu gehört u.a. Hilfestellung bei der Klärung der beruflichen Perspektive, Vernetzung zu bestehenden Hilfen bereits während der Behandlung, Vermittlung in neue Hilfesysteme, Unterstützung bei der Entwicklung einer angemessenen Wohnperspektive, sozialrechtliche Beratung und systemische Beratung in Familiengesprächen. Den komplexen Anforderungen an den Sozialdienst im Bereich der JEW wird eine Sozialarbeiterin gerecht (Frau M. Bergen, gleichzeitig Systemische Beraterin (SG)).

Musiktherapie

Es besteht die Möglichkeit, an Einzelstunden mit unserer Musiktherapeutin Frau B. Hahn teilzunehmen. Dies erfolgt nach individueller Absprache mit dem Behandlerteam.

Tiergestützte Therapie

Fester Bestandteil des therapeutischen Angebots ist die Tiergestützte Therapie (TGT). Diese erfolgt durch eine fest angestellte Therapiehundeführerin (und Therapiehund Anton) im Rahmen von Einzeltherapiestunden auf individueller Indikationsbasis. Weiterhin findet eine Therapie im Zentrum für Tiergestützte Pädagogik und Therapie wöchentlich statt.

Angehörigengespräche

Eltern- und Bezugspersonengespräche sind wichtiger Bestandteil der Therapie und sollten idealerweise wiederholt im Behandlungsverlauf i.S. einer aktiven Beteiligung des sozialen Umfelds bzw. Elternhauses stattfinden. Da viele der jungen Erwachsenen immer noch in dem ursprünglichen Bezugspersonensystem leben (im Elternhaus) und gerade den Spagat zwischen Autonomiebestrebung und Angst vor der Verantwortungsübernahme für das eigene Leben und ein selbstständiges Wohnen nicht bewältigen können, bewähren sich Familiengespräche bis hin zu systemischen Familien- und Einzeltherapien als notwendige Bausteine der Therapie in dieser Zielgruppe.

Die Wirksamkeit der systemischen Therapie wurde durch viele Studien für folgende Anwendungs­gebiete belegt: affektive Störungen und Belastungsstörungen, Essstörungen und andere Verhaltens­auffälligkeiten mit körperlichen Störungen, Verhaltensstörungen mit Beginn in Kindheit und Jugend, Tic-Störungen,  Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörungen sowie Persönlichkeits- und Verhal­tens­störungen, Störungen der Impulskontrolle, Störungen der Geschlechtsidentität und Sexual­störungen, Abhängigkeit und Missbrauch.

Deshalb sind Eltern- und Bezugspersonengespräche von großer Bedeutung: sie dienen nicht nur der Informationsweitergabe an die Eltern, sondern auch umgekehrt: die Eltern sind in der Regel die Experten, die ihr Kind und ihre Familiengeschichte am besten kennen. Um unsere Patienten sinnvoll behandeln zu können, benötigen wir meistens, zumindest in dem Teil des Therapieprozess eine aktive Mitarbeit des Bezugssystems.

Ansprechpartner Sie können sich jederzeit vertrauensvoll an uns wenden

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