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Selbsthass - Tipps um sich selbst wieder lieben zu lernen

Selbsthass ist eine extreme Form der Selbstablehnung, die dazu führt, dass Betroffene kein Vertrauen in sich selbst haben, ihr Selbstbewusstsein gestört ist und sie die eigene Person abstoßend finden. Menschen, die sich selbst hassen, nehmen ihre Gefühle oft als Teil ihrer Persönlichkeit wahr. Auch wenn Selbsthass oft tief verwurzelt ist, bedeutet das nicht, dass er sich nicht überwinden lässt. Es ist wichtig, sich fachliche Hilfe zu suchen, denn Selbsthass kann gefährlich werden, wenn er zu selbstverletzendem Verhalten (SVV) führt. In diesem Artikel möchten wir erklären, woher Selbsthass kommen kann und Tipps geben, mit diesen negativen Gefühlen besser umzugehen und sich selbst akzeptieren zu lernen.

Warum hasse ich mich selbst?

Selbsthass ist in den meisten Fällen auf negative Erfahrungen im sozialen Umgang mit anderen Menschen zurückzuführen. Wenn die eigenen Eltern oder das soziale Umfeld einem nicht das Gefühl geben, wertgeschätzt zu werden, kann es dazu kommen, dass die Betroffenen die Erlebnisse als Fehler an sich selbst werten und eine Selbstablehnung entwickeln. Das kann durch Erfahrung wie Mobbing passieren, meist liegen die Ursachen jedoch schon in der frühen Kindheit und sind an die Erfahrungen mit den primären Bezugspersonen gebunden.

Psychoanalytische Erklärungsansätze gehen davon aus, dass Kinder bei einer wahrgenommenen oder realen Bedrohung durch die primäre Bezugsperson – meist die Mutter – einen Schutzmechanismus entwickeln, der es ihnen erlaubt, ein Gefühl von Kontrolle zu behalten. Da kleine Kinder ihren Bezugspersonen ausgeliefert sind, bedeutet eine Gefahr durch diese eine Bedrohung des eigenen Lebens. Um ein Gefühl von Kontrolle aufrecht zu erhalten, lernen Kinder auf unbewusster Ebene die Ursachen für das bedrohliche Verhalten der Bezugsperson in sich selbst zu suchen. Dadurch haben sie das Gefühl, zumindest einen kleinen Einfluss auf das eigene Schicksal zu haben. So können sich Selbsthass, ein übertriebener Hang zu Selbstkritik oder zu Selbstvorwürfen entwickeln. Zudem kann Selbsthass eine Folge von sogenannten „Reinszenierungen“ kindlicher Erfahrungen sein, in denen das Kind Demütigungen und Abwertungen erfahren hat. Auchunverarbeitete Gefühle wie Wut, Hass, und Aggressionen, die nicht richtig verarbeitet oder ausgelebt werden, können sich an einem Punkt im Leben gegen sich selbst richten.

Während biographische Erfahrungen in der Regel ursächlich für starken Selbsthass sind, können auch aktuelle gesellschaftliche Erwartungen und Standards Selbsthass auslösen. Selbsthass kann dadurch entstehen, dass Menschen bestimmten Idealen, wie z.B. Schönheitsidealen, nicht entsprechen. Durch Werbung andere Medien oder den direkten Vergleich mit anderen Menschen, werden häufig unrealistische Ideale geschaffen. Wenn diese nicht erreicht werden können, führen sie häufig dazu, dass schon ein vorhandenes Gefühl von Ungenügen in Selbsthass umschlagen kann.

Es gibt auch einige psychische Erkrankungen, die mit Selbsthass einhergehen. Selbsthass kann beispielsweise bei Depressionen und Persönlichkeitsstörungen auftreten.

Lernen, sich selbst zu akzeptieren

Wenn Menschen unter schwerem Selbsthass leiden und darüber nachdenken sich selbst zu verletzen, oder dies bereits getan haben, ist es wichtig professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Um schweren Selbsthass nachhaltig zu überwinden, ist in der Regel therapeutische Unterstützung notwendig.

Auch wenn die Ursachen für Selbsthass nicht durch „einfache Tricks“ behoben werden können, gibt es hilfreiche Ratschläge, die Betroffene im Alltag umsetzen können, um sich selbst besser akzeptieren zu lernen. Falls Sie Selbsthass verspüren, könnten Ihnen die folgenden Tipps dabei helfen, mit dem Selbsthass umzugehen:

 

  1. Analysieren Sie woher Ihr Selbsthass kommt. Um den Hass zu überwinden, ist es wichtig ihn im ersten Schritt zu verstehen. Wenn wir verstehen, dass der Selbsthass ein Mechanismus ist, der zu einem biographischen Zeitpunkt hilfreich sein konnte, oder Konsequenz von traumatischen Erlebnissen ist, fällt es leichter ihn anzuerkennen. So ist es auch möglich zu verstehen, dass der Selbsthass nicht aus tatsächlichen Unzulänglichkeiten entsteht, sondern Resultat einer verzerrten Selbstwahrnehmung ist.
  2. Akzeptieren Sie ihren Selbsthass als einen Teil von sich. Auch wenn sich versuchen, ihn zu überwinden, ist es zunächst wichtig, ihn wertneutral zu betrachten. So können Sie besser an ihm arbeiten und einen wichtigen Schritt zu mehr Selbstakzeptanz gehen.
  3. Fokussieren Sie auf die positiven Dinge an Ihrer Person und in ihrem Leben. Auch wenn es Ihnen schwerfällt, ist es wichtig anzuerkennen, dass Sie an vielem nicht schuld sind, auch wenn Sie dies zunächst angenommen haben. Sagen Sie sich, dass Sie völlig in Ordnung sind, so wie Sie sind. Überlegen Sie sich, welche Dinge Sie an sich mögen und was Sie gut können. Denken Sie auch daran, wie andere Menschen Sie beschreiben würden oder fragen Sie Freunde, was sie an Ihnen mögen.
  4. Erlaubnis geben, gute Dinge zu erfahren. Jeder Mensch hat es verdient glücklich zu sein und positive Dinge zu erleben. Arbeiten Sie daran, dieses Wissen zuzulassen. Überlegen Sie sich Dinge, die Ihnen guttun und die sie einfach umsetzen können.
  5. Vergleichen mit anderen unterlassen. Insbesondere durch soziale Medien besteht die Gefahr, sich selbst als unzulänglich und mit vielen Makeln zu erleben, sowie andere zu idealisieren. Werden Sie sich stattdessen bewusst, was Sie einzigartig macht und seien Sie stolz darauf.
  6. Keine Perfektion erwarten, so Sie es auch nicht von einem guten Freund erwarten würden. Gerade in schwierigen Momenten würden Sie einem Freund gut zu reden und anstatt ihn herunterzumachen, wenn er nicht gleich hundert Prozent erbracht hat. Sie verdienen es nicht weniger als Ihre Freunde, dass Sie für sich Verständnis haben.

Der Prozess den Selbsthass zu überwinden und in Selbstakzeptanz zu verwandeln ist kompliziert und oft sehr zeitaufwändig. Der Selbsthass ist bei den meisten Betroffenen tief in ihrem Selbstbewusstsein verwurzelt, weshalb es sehr schwierig sein kann, ihn hinter sich zu lassen. Mit psychotherapeutischer Hilfe, aber auch mit kleinen Schritten im Alltag, können Betroffene lernen, sich zu akzeptieren, selbst zu lieben und damit eine Basis für Zufriedenheit und Glück schaffen.

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