Fachklinik Rhein-Jura

Seelisch belastete Tiere helfen psychisch erkrankten Menschen: die tiergestützte Therapie in der Oberberg Fachklinik Rhein-Jura

Seit August 2015 geht die Rhein-Jura Klinik neue Wege: die Psychologin Katharina Blesch und ihre beiden Hunde sind Teil des neuen Therapiekonzepts – der tiergestützten Therapie. Ungewöhnlich dabei ist, dass auch die beiden Hunde schon schwere psychische Erfahrungen in ihrer Vergangenheit machen mussten. 

Frau Blesch, erklären Sie uns die Art der tiergestützten Therapie, die Sie in der Rhein-Jura Klinik anwenden!

„Die Form, die ich heute anwende, ist relativ neu auf dem Gebiet der tiergestützten Therapie: ich arbeite mit Tieren, die eine Geschichte mitbringen. Meine beiden Hunde Giulio und Cleo kommen aus schwierigen Situationen. Ich habe sie als junge Hunde aus dem italienischen Tierheim geholt. Tiere, die selbst schon negative Erfahrungen machen mussten, besitzen äußerst feine Antennen für das Verhalten und die Ausstrahlung eines Menschen. Auch die Identifikation des Patienten mit dem Tier funktioniert auf einer anderen Ebene, wenn der Patient ein Gegenüber hat, das selbst auch nicht nur ein goldenes Leben hinter sich hat.“

Was ist der Unterschied eines normalen Tieres zu den psychisch vorbelasteten Tieren, mit denen Sie arbeiten?

„Meiner Erfahrung nach haben Tiere, die mal im Tierheim sein mussten, ihre Bezugsperson verloren haben oder andere negative Erfahrungen machen mussten, eine höhere Sensibilität für den Menschen entwickelt. Das war überlebensnotwendig für sie. Tierheimhunde zum Beispiel bekommen mit der Zeit ein Gefühl dafür, wie sie mit dem Menschen in Beziehung treten müssen, um von ihm Wärme und Zuneigung zu erhalten. Diese Hunde haben ein sehr feines Gespür für unsere menschlichen Stimmungen und Verhaltensweisen, auf die sie unverfälscht reagieren. Sie spiegeln das Verhalten des Menschen und machen es möglich daran zu arbeiten.“

Wie läuft die tiergestützte Therapie ab und was soll sie erreichen?

„An sich ist diese Therapie sehr individuell. Doch meistens mache ich mit den Patienten ein Führtraining, das heißt der Patient soll in den Sitzungen lernen, einen Hund selbstsicher zu führen. Das hört sich einfacher an als es ist. Denn der Patient muss zur Führungspersönlichkeit für den Hund werden. Dieser akzeptiert das nur, wenn das menschliche Gegenüber in seinen Augen eine Führungsperson ist. Sonst übernimmt er selbst das Ruder. Die Ausstrahlung, die der Patient auf den Hund hat, bewirkt sein Verhalten. Mein Ziel ist es, mit dem Patienten zu einer höheren inneren Sicherheit zu gelangen und eine höhere Akzeptanz der eigenen Person zu erreichen.“

Welche Patienten kommen für diese Art der Behandlung infrage?

„Das ist recht heterogen. Ich merke, dass die tiergestützte Therapie für diejenigen Patienten am sinnvollsten ist, die eine hohe Selbstunsicherheit haben. Doch auch für Betroffene von chronischer Depression oder Ängsten kommt die Therapie infrage. Da ist es wichtig, dass in den Betroffenen überhaupt erst mal eine Aktivierung stattfindet. Durch positive Aktivitäten mit den Hunden ist es möglich, das Gefühl der Selbstwirksamkeit zu erfahren. Die Patienten können dabei erfahren, dass ihr Verhalten positive Rückmeldungen aktiviert.“

Katharina Blesch ist Psychologin mit dem Schwerpunkt Tiergestützte Therapie. Nebenbei führt sie eine freie Tätigkeit als Dozentin in Tierpsychologin und Tiergestützte Therapie in Italien (u. a. Universität Genua) aus. Bereits in der Diplomarbeit ihres Psychologiestudiums spezialisierte sie sich auf das psychologische Zusammenwirken von Mensch und Tier. Im Jahr 2012 schloss sie nach zahlreichen Aus- und Weiterbildungen das weitere Studium „Tiergestützte Therapie und tiergestützte Fördermaßnahmen” an der Veterinärmedizinischen Universität Wien ab und ist seit August 2015 an der Rhein-Jura Klinik tätig.

Auf dem Bild zu sehen: Cleo (r.), Spitz-Mischling, und Guilio, Schäferhund-Terrier-Mischling, sind beide um die 8 Jahre alt und wurden von ihrem Frauchen Katharina Blesch aus dem italienischen Tierheim geholt. Heute begleiten die beiden Therapiehunde Menschen, die auch eine schwierige Zeit hinter sich haben.