Fachklinik Rhein-Jura Essstörungen

Essstörungen: wenn Essen das Leben bestimmt

Emotionen und Essen sind stark miteinander verbunden. Wir essen, um uns zu belohnen, zu trösten oder um Spannungen abzubauen. Trotzdem leidet jemand nicht gleich an einer Essstörung. Auffälliges Essverhalten kann sich jedoch verselbstständigen und zu einer von verschiedenen Essstörungen werden – der Übergang von auffällig zu krankhaft ist fließend.

Von auffälligem Essverhalten zur Essstörung

Essen ist mehr als nur ein Grundbedürfnis. Es ist soziale Identität, Ausdruck der Persönlichkeit und durch Kultur geprägt. Viele Menschen essen nicht nur wenn sie hungrig sind und nicht immer ernähren sie sich gesund und ausgewogen. Aufmerksam sollten Angehörige, Lehrer und Vertrauenspersonen erst werden, wenn sich bei einer oder einem Betroffenen die Einstellung zum Essen deutlich ändert. Wenn die Person nicht mehr lustvoll und mit Genuss isst und sich stark mit Gewicht und Figur beschäftigt. Wenn vielleicht sogar negative Emotionen im Zusammenhang mit Essen auftreten (soziale Abschottung, Aggression) oder er/sie in kurzer Zeit viel Gewicht verloren oder zugenommen hat – dann sollte gehandelt werden.

 

Essstörungen sind vergleichsweise seltene, aber dafür schwere seelische Krankheiten, die dem Körper massiv schaden.

Formen von Essstörungen im Überblick

Essstörungen kann man im Wesentlichen in vier Gruppen einteilen: Magersucht, Ess-Brech-Sucht, Esssucht und die Gruppe der nicht näher bezeichneten Essstörungen.

 

Magersucht/Anorexie

An Magersucht (Anorexia nervosa) erkranken 0,5 % – 1 % der jungen Erwachsenen. Meist sind es Mädchen im Alter von 14 bis 18 Jahren. Nur jeder 11. Betroffene ist männlich (dann wird das Krankheitsbild auch Manorexie genannt). Betroffene steigen in die Magersucht oft mit einer Diät ein, die sie nicht mehr beenden, sondern immer strenger fortführen. Sie schränken die Auswahl ihrer Lebensmittel immer mehr ein, oft essen sie zuletzt nur noch einzelne Gemüsesorten (z. B. Äpfel und Gurken). Selbst wenn sie bereits krankhaft dünn sind, nehmen sie sich als zu dick wahr. Sie weigern sich, das Minimum des für Alter und Größe normalen Körpergewichtes zu halten. Um „Übergewicht“ zu verhindern, treiben sie übermäßig Sport, fasten, missbrauchen Abführmittel oder führen Erbrechen bei.

 

Bulimie – Ess-Brechsucht

In Deutschland leiden etwa 600 000 Menschen an Bulimie (bulimia nervosa). Die meisten davon sind Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 35 Jahren. Ein großer Prozentsatz bulimischer Frauen war vorher magersüchtig. Umstritten ist, ob Bulimie als Folgeerscheinung oder Auslöser einer Depression zu bewerten ist. Im Gegensatz zu Magersucht und Adipositas wird Bulimie in den wenigsten Fällen im Frühstadium erkannt. Denn Betroffene zeigen ein eher unauffälliges Verhalten und Äußeres: sie sind schlank, erfolgreich, wirken selbstbewusst und lebensbejahend. Ihr Gewicht liegt im Normalbereich, doch insgeheim wird der Alltag von der Angst dominiert zuzunehmen. Betroffene leiden heimlich an regelmäßigen Essattacken, die sie vor Familie und Freunden verbergen. Sie nehmen während einer solchen Attacke übermäßig viel Nahrung zu sich und hören erst damit auf wenn Bauchschmerzen oder Erschöpfung eintreten, oder wenn sie keine Lebensmittel mehr zur Verfügung haben. Oft wird anschließend Erbrechen herbeigeführt. Auch übermäßiger Sport, Fasten oder Abführmittelmissbrauch sind kennzeichnend.

 

Binge-Eating – Essattacken mit Kontrollverlust

Die Binge-Eating-Störung ist die noch am wenigsten erforschte Essstörung. Betroffene sind auf das Essen fixiert, in regelmäßig wiederkehrenden Essanfällen schlingen sie in kurzer Zeit Unmengen an Nahrung und Getränken herunter. Sie erleben dabei ein Gefühl des Kontrollverlustes, mit dem Essen kann scheinbar nicht mehr aufgehört werden. Im Gegensatz zu bulimischen Menschen ergreifen sie aber keine Gegenmaßnahmen: sie erbrechen sich nicht und nehmen keine Abführmittel zu sich. Betroffene sind häufig wenig körperlich aktiv. Da während einer Essattacke sehr viele Kalorien zugeführt werden, ist das Risiko für Übergewicht hoch. Doch ist es kein Kennzeichen für diese Essstörung: Binge-Eating kann auch bei Menschen mit Normalgewicht auftreten.

 

Orthorexia nervosa

Einige Fachleute führen als eine neue Form von Essstörung die sogenannte Orthorexie an. Dabei handelt es sich um eine Fixierung auf „gesunde“ Lebensmittel. Es ist umstritten, ob sich dahinter wirklich eine Essstörung verbirgt, verbindliche Diagnosekriterien gibt es (noch) nicht. Doch gilt, wie für die Diagnose aller Essstörungen: die Gedanken kreisen ständig um (gesundes) Essen. Das krankhafte Verhalten dauert über einen längeren Zeitraum an und mindert die Lebensqualität des Betroffenen erheblich (soziale Isolation). Nach dem Genuss von als ungesund empfundenen Lebensmitteln treten schwere Schuldgefühle ein.

 

Nicht näher bezeichnete Essstörungen

Nur rund 40 % aller Betroffenen einer Essstörung zeigen die typischen Symptome einer Anorexia nervosa oder Bulimia nervosa. Den größten Teil der klinischen und therapeutischen Praxis stellen die „Nicht näher bezeichneten Essstörungen“ dar. Diese Kategorie dient der Einordnung von Essstörungen, die die Kriterien für eine spezifische Essstörung nicht erfüllen. Trotzdem leiden Betroffene an einer klinisch bedeutsamen Essstörung, mit meist gleichem Leiden und denselben psychischen und physischen Folgen wie Anorexie oder Bulimie.

 

Im Falle einer Essstörung ist für den Betroffenen die Unterstützung durch das soziale Umfeld wichtig. In einer Therapie lernt er außerdem, alternative Bewältigungsstrategien für die Problembewältigung zu nutzen, so dass nicht mehr auf ein zu viel oder zu wenig essen zurückgegriffen werden muss.

 

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail wenn Sie mehr über Essstörung und eine Therapie erfahren möchten!

Weitere Blogartikel Aktuelle Artikel aus dem Oberberg Blog