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Eskapismus: Wenn die Flucht aus der Realität zu attraktiv erscheint

Die Realität ist häufig hart und voller schmerzhafter Wahrheiten. Manche Menschen ziehen sich dann lieber zurück und flüchten aus der Realität in den Eskapismus. Dieser Ratgeber unterstützt Leser dabei, dieses Phänomen besser verstehen zu lernen. Sie erfahren, welche potenziellen Ursachen für diese Reaktion verantwortlich sein können und wie eine Therapie der betroffenen Person helfen kann, ein gesundes Verhältnis zur Realität zu finden.

Woran man erkennen kann, dass man selbst oder ein Angehöriger unter Realitätsflucht leidet

  • Eskapismus beschreibt ein Verhalten, bei dem sich Menschen zu sehr aus der Realität zurückziehen.
  • Sie verbringen ungewöhnlich viel Zeit in ihrer Fantasie, in Geschichten oder in Unterhaltungsmedien.
  • Manche Menschen greifen auch zu Drogen, um der Realität zu entfliehen.
  • Jeder Mensch zieht sich gelegentlich in sich selbst zurück - mit dem Ziel sich zu entspannen. Das ist vollkommen normal.
  • Nehmen die alltäglichen Fluchten aber so viel Raum ein, dass wichtige Pflichten vernachlässigt werden, sollten Betroffene handeln, um Nachteile zu vermeiden.
  • Eine starke Neigung zu Realitätsfluchten kann in vielen Fällen abgeschwächt werden, wenn der Patient dies wünscht.
  • Die Oberberg Kliniken bieten Privatversicherten wirkungsvolle Therapien an.

Eskapismus ist die Flucht aus der Realität in eine Scheinwirklichkeit, die normalerweise attraktiver oder besser erscheint als das wirkliche Leben. Das Phänomen ist auch unter Bezeichnungen wie Realitätsflucht, Weltflucht und Wirklichkeitsflucht bekannt. Betroffene neigen dazu, der Realität entkommen zu wollen. Sie setzen unterschiedliche Mittel ein, damit es ihnen gelingt, und sie sind dabei auch sehr erfolgreich.

Welche Mittel konkret zum Einsatz kommen, hängt allerdings von der Persönlichkeit und den individuellen Interessen der Person ab. Viele Betroffene setzen zum Beispiel ihre Fantasie und Vorstellungskraft ein und ziehen sich in ihren Kopf zurück, oft flüchten sie sich auch in ihre Traumwelten. Andere nutzen bevorzugt die Unterhaltungsmedien wie Filme, Serien, Bücher oder Videospiele, das Internet oder Soap Operas.

Der Eskapismus hat zurzeit einen schweren Stand in der Gesellschaft. Doch es ist wichtig zu verstehen, dass jeder Mensch von Zeit zu Zeit dazu neigt, sich eine kleine Flucht aus dem Alltag zu erlauben. Es hilft dabei, sich selbst zu regulieren. So kann eine Realitätsflucht unter anderem dabei helfen, Stress abzubauen und unangenehme Emotionen auszugleichen.

Erst, wenn der Eskapismus zu viel Raum im Leben einnimmt, lässt sich das Verhalten als problematisch einschätzen. Die Betroffenen stellen sich ihren Problemen nicht mehr in ausreichendem Umfang, was negative Folgen für ihr Leben hat. Realitätsfluchten sind also bis zu einem gewissen Grad völlig normal. Doch es ist wichtig, eine gesunde Balance zu finden, damit das Leben keine Nachteile erfährt. Wer stark von Eskapismus betroffen ist, braucht manchmal Hilfe, diese Neigung zu schwächen.

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Was ist Eskapismus?

Der Begriff basiert auf dem englischen Wort "to escape", bzw. der spanischen Vokabel "escapar", was sich jeweils mit "fliehen", übersetzen lässt. Die Flucht steht hier also im Mittelpunkt. Doch diese wird nur innerlich angetreten. Die flüchtende Person, auch Eskapist genannt, zieht sich in eine imaginäre Wirklichkeit zurück. Zahlreiche Kunstformen spielen mit dem Wunsch nach der Flucht aus der Wirklichkeit, darunter Musikstücke, Bücher, Malereien und Filme. Die enorme Beliebtheit vieler dieser Werke zeigt, dass sich eine große Mehrheit der Bevölkerung ab und zu aus der Realität zurückzieht.

Der Begriff ist jedoch vor allem negativ besetzt, da in der Weltflucht vor allem ein Vermeidungsverhalten gesehen wird. Wer sich nicht gut in die Betroffenen hineinversetzen kann, versteht das Verhalten mitunter sogar als gesellschaftsschädigend. Dies ist aber zu einfach gedacht, da dem Verhalten in der Regel gute Gründe zugrunde liegen. Häufig leiden die aus der Realität flüchtenden Menschen unter Frustrationen, die durch zu eng gesteckte Grenzen im Außen und quälende auferlegte Zwänge entstanden sind.

Die Eskapismus-These

In bestimmten Bereichen des Lebens ist die Realitätsflucht willkommen und erwünscht. Dazu zählt die Welt der Medien. Die Eskapismus-These aus der Medienwissenschaft besagt, dass Menschen Medien nutzen, um sich gezielt der Realität zu entziehen. Doch sie tun dies auch, um ihren Wissensschatz zu vergrößern, zum Beispiel mit Hilfe von Büchern oder Filmen, die den Horizont erweitern. Beim Konsumieren dieser Medien wird die Realität leicht vergessen. Medienschaffende versuchen oft, eskapistische Tendenzen bewusst anzusprechen und setzen dazu bevorzugt auf phantastische Geschichten und Figuren, die die Flucht aus der Realität erleichtern.

Hinzu kommt, dass die flüchtende Person sich in eine Umgebung zurückzieht, in der sie keine Verantwortung übernehmen muss und jederzeit zu einem beliebigen Zeitpunkt wieder aussteigen kann, was ihr eine gewisse Freiheit verleiht. Es kommt vor, dass eine Person durch Realitätsflucht regelrecht vor ihren Problemen davonläuft, um in einem vollkommen risikofreien Umfeld entspannen zu können.

Positive Beurteilung eskapistischer Tendenzen

Während ein Teil der Gesellschaft die Frage "Was ist Eskapismus?" oft mit negativen Antworten belegt, zeichnet nicht jeder ein derart düsteres Bild von den alltäglichen Realitätsfluchten. Zahlreiche Künstler und Schriftsteller, deren Werke international geschätzt werden, haben sich offen für eskapistische Freiheiten ausgesprochen.

Ein Beispiel ist J. R. R. Tolkien, der zeitlose Klassiker wie "Der Herr der Ringe" geschrieben hat. Er beschrieb die moderne Welt als Gefängnis, aus dem es kein wirkliches Entkommen gibt. Die Realitätsflucht sei ein notwendiges Mittel zur Alltagsbewältigung. Andere Autoren weisen darauf hin, dass erst durch Fluchten in andere Welten eine ausreichende Distanz zur Wirklichkeit entsteht, die nötig ist, um Veränderung zu erreichen, mit denen die Welt ein wärmerer und angenehmerer Ort werden kann.

Eskapismus: Wenn Realitätsfluchten zum Problem werden

Eskapistisches Verhalten hat positive, aber auch negative Seiten. Einige Menschen verlieren zu sehr den Kontakt zur Realität und erleben dadurch große Nachteile, die sozialer, finanzieller, schulischer oder beruflicher Natur sein können. Wenn wir die Frage "was ist Eskapismus?" beantworten möchten, müssen wir uns auch den negativen Aspekten widmen. Wann die Flucht aus der Realität eine problematische Form annimmt, lässt sich an drei Merkmalen festmachen:

  • Soziale Isolation
  • Vernachlässigung des Alltags
  • Verlust des Realitätsbezugs

 

1. Soziale Isolation

Die Flucht vor der Realität kann so weit gehen, dass sich die Betroffenen völlig aus der Gesellschaft zurückziehen. Dies kann sich mit der Zeit auf die Beziehungen auswirken. Die Isolation kann von der Umwelt ausgehen, etwa wenn der Eskapist sich entfremdet hat und Freundschaften dadurch aufgelöst werden. Wenn die betroffene Person darunter leidet, können starke Einsamkeitsgefühle entstehen, die durch die Wiederaufnahme oder das Neuschließen von Freundschaften überwunden werden sollten.

Hier muss jedoch genau hingesehen werden, denn da Weltflucht keine Erkrankung ist, kann die Abkehr von alten Freunden auch eine freiwillige und bewusste Entscheidung des Betroffenen sein. Zu beachten ist, dass viele Menschen introvertiert sind und nicht so viele Freunde wünschen, da dies erschöpfend sein kann. Auf extravertierte Menschen kann das verstörend wirken, ist aber nicht problematisch und sollte daher akzeptiert werden. Introvertierte Menschen leiden bei einem kleinen Freundeskreis in der Regel auch nicht unter Einsamkeit, wie oft angenommen wird, sondern sie fühlen sich damit wohl und sicher.

2. Vernachlässigung des Alltags

Wenn ständiges Flüchten aus dem Alltag dazu führt, dass der Eskapist sein Leben nicht mehr bewältigt, sollte er anfangen, etwas zu ändern. Wenn es zu Vernachlässigung kommt, erkennt man dies häufig am Haushalt und der Körperpflege. Eine ständig unordentliche und nicht gereinigte Wohnung und ein offensichtlich stark vernachlässigtes Äußeres können darauf hinweisen, dass ein Problem vorliegt. Wichtig ist hierbei, dass einmalige Vernachlässigungserscheinungen nicht überbetont werden sollten, da es normal ist, auch einmal vom Alltag überfordert zu sein und nicht alles zu schaffen. Erst, wenn der Zustand dauerhaft anhält oder wiederholt auftritt, kann man von einem drängenden Veränderungsbedarf sprechen.

Vorsicht ist angebracht, wenn die eskapistische Person ihren Beruf oder von ihr abhängige Menschen (wie etwa ihre Kinder) vernachlässigt. In manchen Situationen sollte man von außen intervenieren, sofern der Betroffene sich weigert, in die Realität zurückzukehren. Eskapisten, die die Realitätsfluchten aus diesen Gründen beenden oder reduzieren möchten, dies allein aber nicht schaffen, sollten sich professionelle Hilfe suchen.

3. Verlust des Realitätsbezugs

In sehr seltenen Fällen kommt es bei dem Betroffenen zu einem völligen Realitätsverlust. Die Person ist nicht mehr in der Lage, Fiktion und Realität zu unterscheiden. Es ist möglich, dass dieses Symptom auf eine psychische Störung oder eine Erkrankung zurückgeht, die behandlungsbedürftig ist. Eine zeitnahe Begutachtung bei einem Arzt oder Psychologen ist daher ratsam. Angehörige sollten jedoch auch bei diesem Merkmal gut hinsehen: Sich zu verkleiden oder Rollenspiele zu spielen, bedeutet nicht, dass man den Bezug zur Realität verloren hat.

Ursachen und Hintergründe von Eskapismus

Über die Ursachen und Hintergründe der Realitätsflucht ist bisher noch nicht viel bekannt. Es sind weitere Untersuchungen nötig, um das Phänomen vollständig zu verstehen. Bisher deutet jedoch vieles darauf hin, dass eskapistisches Verhalten eine Bewältigungsstrategie ist, um besser mit Stress, Belastung oder Spannungszuständen umzugehen.

Welche Art von Stress zur Flucht aus der Realität führt, ist sehr individuell. Manche Menschen nutzen die kleinen Fluchten täglich, um von der Arbeit abzuschalten oder in die innere Ruhe zu finden. Häufig sind bei diesen Alltagsfluchten auch Langeweile, Monotonie und Unterforderung die auslösenden Stressoren.

Die Unzufriedenheit mit der eigenen Situation, der Situation der Familie oder der Gesellschaft scheinen ebenfalls eskapistische Tendenzen hervorzubringen. Die Flucht ist dann eine Erleichterung, vielleicht sogar eine Kraftquelle, aus der man neue Energie für den frustrierenden Alltag schöpft. Darüber hinaus können sehr ernste Gründe die Fluchten aus der Realität bedingen. Menschen, die unter Ängsten oder anderen belastenden Gefühlen wie Einsamkeit leiden, greifen häufig auf die Realitätsflucht zurück, um sich Linderung zu verschaffen. Betroffene von psychischen Traumatisierungen nutzen das Mittel ebenfalls, dann handelt es sich um eine Überlebensstrategie.

Eine nicht zu unterschätzende Ursache von Weltflucht kann allerdings auch darin liegen, dass es dem Eskapisten einfach große Freude bereitet, sich in seine Fantasie- und Traumwelten zurückzuziehen. Vor allem verträumte Menschen mit einer stark ausgeprägten Vorstellungskraft scheinen dies hobbymäßig zu betreiben. Sie verstehen die Realitätsflucht vielleicht als Training ihrer Kreativität, die sie für (berufliche) Projekte verwenden können.

Bewältigungsstrategien und therapeutische Ansätze

Die Anglistikerin und Schriftstellerin Prof. Dr. Irina Dumitrescu beschreibt den Eskapismus in ausweglosen Momenten als wichtiges Mittel, mit dem sich die eigene Menschlichkeit verteidigen lässt. Diese Perspektive zeigt, dass nicht jeder Eskapist zurück in die Realität geholt werden sollte. Wer jedoch seinen Eskapismus überwinden oder zumindest kontrollierter ausleben möchte, kann unterschiedliche Strategien ausprobieren. Häufig reicht es schon, sich dem Problem bewusst zu werden und sich in Achtsamkeit zu üben.

Wer sich bewusste Auszeiten nimmt, kann die Realitätsflucht kontrolliert ausleben. Dabei ist es wichtig, sich selbst Grenzen zu setzen und sich gegebenenfalls Unterstützung zu suchen. Auch ein neues Interesse oder ein neues Hobby können dabei helfen, besser im Hier und Jetzt verankert zu bleiben.

Eskapismus in den Oberberg Kliniken behandeln lassen

Falls sich der hilfesuchende Eskapist jedoch in einer Situation befindet, die er als ausweglos empfindet, und nur aus diesem Grund wiederholt aus der Realität ausbricht, muss nicht nur am eskapistischen Verhalten gearbeitet werden. Hier gilt es, zuerst das zugrunde liegende Problem zu lösen, sofern dies möglich ist, zum Beispiel die Angststörung, die soziale Phobie oder die Traumatisierung. Professionelle Helfer können dabei unterstützend sein. Passende Ansprechpartner finden Interessierte als Privatversicherter in den Oberberg Kliniken. Die Behandlung kann auch im Rahmen einer Therapie stattfinden.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Bei Eskapismus handelt es sich um ein Verhalten, bei dem eine Person sich aus der Realität zurückzieht, um in eine andere Welt einzutauchen. Meist handelt es sich dabei um ihre eigene Fantasie, es kommen aber auch literarische, filmische und virtuelle Welten in Frage. Manche Menschen versinken in guten Büchern, andere träumen einfach vor sich hin. Realitätsflucht ist in den meisten Fällen unproblematisch und ungefährlich. Nur selten ist eine Behandlung erforderlich.

Wenn der Eskapist unter starker Vernachlässigung leidet, sich zunehmend isoliert und parallel unter Einsamkeit leidet oder den Bezug zur Realität vollkommen verliert, hat das eskapistische Verhalten wahrscheinlich eine problematische Ausprägung erreicht.

K. Bruns, "Eskapismus-These", URL: https://filmlexikon.uni-kiel.de/doku.php/e:eskapismusthese-7616 (abgerufen am 23.11.2023)

F. Weinreich, "Über Märchen - Tolkiens Sicht des Phantastischen", URL: https://web.archive.org/web/20081007121044/http://www.polyoinos.de/tolk_stuff/fairystories.htm (abgerufen am 23.11.2023)

Online Lexikon für Psychologie & Pädagogik, "Eskapismus", URL: https://lexikon.stangl.eu/12053/eskapismus, (abgerufen am 23.11.2023)

T. Walden, "Theorieansätze und Hypothesen in der Medienpädagogik: Das Eskapismus-Konzept", URL: https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007/978-3-658-25090-4_40-1 (abgerufen am 23.11.2023)

Uni Bonn, "Eskapismus ist eine Überlebensstrategie", URL: https://www.uni-bonn.de/de/neues/095-2020 (abgerufen am 23.11.2023)

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