Burnout

Die schönsten Wochen des Jahres? Teil 3: Achtsam durch die Ferien

Damit wir unsere Ferien genießen können, müssen nicht nur die äußeren Umstände stimmen. Auch am schönsten Urlaubsort können wir uns nur wohlfühlen, wenn wir selbst innerlich bereit dafür sind.

Wohl kaum einem Ereignis blicken wir mit so viel Erwartung und Vorfreude entgegen wie dem großen Sommerurlaub. Doch Entspannung, Spaß und Erholung stellen sich nicht auf Knopfdruck ein. „Tatsächlich werden gerade in den Ferien Beziehungskonflikte, Lebenskrisen oder bestehende Erkrankungen erst offenbar“, sagt Prof. Dr. Michael Berner, Chefarzt der Rhein-Jura-Klinik in Bad Säckingen. Als Burnout-Spezialist beobachtet er in der Praxis immer wieder, dass gerade lang ersehnte Auszeiten für viele Menschen nicht den erhofften Erholungseffekt bringen. Was Sie tun können, damit Ihr Urlaub tatsächlich eine wohltuende Auszeit vom Alltag wird, stellen wir in einer vierteiligen Serie vor.

Wie man zu einer inneren Haltung findet, die echte Erholung möglich macht, erklärt der Achtsamkeitsexperte Dr. Marc Loewer, Psychiater, Psychotherapeut und Oberarzt an der Rhein-Jura-Klinik.

* Im Moment leben: „Nichts hilft besser beim ,Abschalten’ als das Ankommen im Hier und Jetzt. Entwickeln Sie ein Auge für die schönen Momente des Tages, anstatt gedanklich immer nur vorauszueilen“, so Dr. Loewer. Perfekte Planung ist im Urlaub nicht alles! Wer etwa streng nach den Angaben des Reiseführers durch die Straßen eilt, um Attraktionen „abzuhaken“, übersieht leicht den wunderschönen Brunnen an der Straßenecke oder das lauschige Café, das zu einer schattigen Pause einlädt. Und: legen Sie bei Ausflugsfahrten auch mal die Karte zur Seite und blicken Sie sich mit wachen Augen um. Wer den Weg zum Ziel erklärt, wird deutlich mehr erleben!

* Kleine Genüsse kultivieren: „Ein gelungener Urlaubstag besteht aus vielen, kleinen Glücksmomenten. Geben Sie sich die Zeit, im Augenblick zu verweilen und achtsam  wahrzunehmen, zu fühlen, zu riechen und zu schmecken“, rät der Achtsamkeitsexperte Spüren Sie die Sonne auf ihrer Haut, das schmelzende Eis auf der Zunge, das erfrischende Prickeln des Meerwassers. Genießen Sie den weiten Blick und die klare Luft in den Bergen. Mehr Urlaub geht nicht!

* Seele baumeln lassen: Genießen Sie es ganz bewusst, keine Termine und Verpflichtungen zu haben und tun Sie einfach mal: Nichts! Das herrlichste im Urlaub ist, keinen Anforderungen genügen zu müssen, aus dem Hamsterrad des Alltags auszubrechen, sich vielleicht sogar mal zu langweilen. „Setzen Sie sich nicht selbst unter Erwartungsdruck. Wer sich die Zeit gibt, in sich selbst hineinzuhören und die eigenen Bedürfnisse zu erspüren, tut das Beste für seine Erholung“, sagt Dr. Marc Loewer. „Rumhängen“ ist ausdrücklich erlaubt und kein Grund für Schuldgefühle!

* Dankbarkeit üben: „Blicken Sie nicht ständig darauf, ob andere etwas ,Besseres’ haben“, so der Achtsamkeitsexperte. Wer sich  darauf konzentriert, ob der Eisbecher am Nebentisch größer aussieht oder ob der Strandnachbar das schnittigere Surfbrett besitzt, schneidet sich vom eigenen Erleben ab. Auch der Kampf um die erste Reihe am Pool lohnt sich nicht. Warum sollte man Ärger darüber zulassen, wenige Sekunden länger zu brauchen, bis man im Wasser ist? „Wenn jemand scheinbar einen Vorteil hat, sollte man es ihm gönnen. Neid und Gier machen unglücklich – und verhindern, dass man das auskostet, was man selber hat“, so Loewer. „Ein direkter Ausdruck von Zufriedenheit mit dem was ist, ist Dankbarkeit. Am Ende des Tages innerlich ´Danke´ zu sagen für die kleinen Wunder, die man erlebt hat, ist eine ausgezeichnete und effektive Übung das Wohlbefinden zu steigern oder zu erhalten.“

* Den Alltag loslassen: Nutzen Sie Ihre Urlaubsreise, um echten Abstand von Ihrem Alltag und von Ihrer Arbeit zu gewinnen: Zu Hause geht die Welt nicht unter, wenn Sie nicht alles unter Kontrolle behalten. Ist es wirklich nötig, jeden Tag die Emails zu checken oder berufliche Anrufe anzunehmen? Bringt es tatsächlich etwas, immer wieder bei der Nachbarin anzurufen, die den Garten gießen soll? Ein verbrannter Rasen wird irgendwann von alleine wieder grün! „Entwickeln Sie das Vertrauen, dass es auch mal ohne Sie geht. Mit übermäßigen Sorgen machen Sie nichts besser“, so das Fazit von Dr. Loewer.

* Achtsam mit anderen umgehen: Nutzen Sie die freie Zeit, um sich auf ihre Familie, ihren Partner, auf neue Bekanntschaften einzulassen. „Sich ungestört auf das Gegenüber zu konzentrieren, zuzuhören, sich auszutauschen ist entspannend und anregend zugleich. Und es hilft Ihnen, sich ganz auf den Moment einzulassen“, sagt der Psychiater. Genießen Sie es also, den Freiraum für gute Gespräche und Begegnungen zu haben!

* Die Welt mit neuen Augen sehen: Nutzen Sie Momente der Achtsamkeit, um die Grenzen des Bekannten wahrzunehmen. “Die meisten Gedanken die wir heute haben, sind die gleichen wie am Vortag oder in der letzten Woche“ sagt der Achtsamkeitslehrer. „Wenn es uns gelingt aus dem Strom des gewohnheitsmäßigen Denkens und Planens auch nur für kurze Zeit herauszubrechen, sei es durch einen achtsamen Atemzug oder einen bewusst wahrgenommenen Sonnenuntergang entdecken wir häufig die hintergründige Schönheit und Tiefe dieses Augenblicks. In jedem Moment haben wir die Möglichkeit aufzuwachen und ´mit dem Herzen´ zu sehen. Und es sind diese Momente der tiefen Verbundenheit, sei es mit der Natur oder unseren Mitmenschen, nach denen wir uns sehnen und die einen Urlaub letztendlich unvergesslich machen.“

 


Teil 2: Urlaub ohne Leistungsdruck
Teil 3: Achtsam durch die Ferien
Teil 4: Kraft schöpfen für den Alltag