Burnout

Burnout – ein Begriff in der Diskussion

Der Begriff Burnout erfährt seit Jahren eine intensive und kontroverse Diskussion. Befürworter des Begriffes sehen sich durch immer neue Umfragen und Veröffentlichungen darin bestätigt, dass Burnout nicht nur aufgrund seiner gesundheitspolitischen und sozioökonomischen Bedeutung, sondern auch wegen des erheblichen individuellen Leidensdruckes und der Zunahme der Häufigkeit von psychischen Erkrankungen eine hohe gesellschaftliche und medizinische Relevanz habe. Einzelne Untersuchungen sprechen je nach Berufsgruppe von Burnout-Raten von 20 und 30 %, wobei Ärzte und hier gerade Psychiater und Psychotherapeuten besonders gefährdet zu sein scheinen. Nicht zu vergessen sind Folgen von bei Burnout gehäuft auftretenden körperlichen Erkrankungen u. a. des Herz-Kreislaufsystems, des Skelett- und Muskelapparates sowie Erkrankungen allergischer Genese.

Burnout als Diagnose in der ICD-10 und ICD-11

Kritiker wenden ein, dass es für den Begriff Burnout aktuell noch immer keine einheitliche Definition gebe. Verwiesen wird hier gern auf die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, das weltweit anerkannte Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Die 10. Version (ICD-10) ist die aktuell gültige Ausgabe. Ihre Nachfolgerversion, die ICD-11, wurde 2019 verabschiedet und tritt 2022 in Kraft.

In der ICD-10 ist Burnout lediglich in der „Restkategorie“ Z73 aufgeführt im Zusammenhang mit Problemen mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung. Der Code Z73 ordnet das Burnout-Syndrom nicht als eigenständige Krankheit ein. Z73 weist lediglich darauf hin, dass Umstände oder Situationen vorliegen, die Auswirkungen auf den Gesundheitszustand haben. Eine genaue Definition des Burnout-Syndroms findet in der ICD-10 nicht statt. Aufgrund der fehlenden Diagnosekriterien sind keine genauen Aussagen über die Häufigkeit, Ätiologie oder die Wirksamkeit von spezifischen Interventionen möglich. Wer umgangssprachlich unter Burnout leidet, erhält also je nach vorherrschenden Krankheitssymptomen als medizinische Diagnose Depression, Angstzustände oder Abhängigkeit.

Im medizinischen Alltag wird der Begriff Burnout dennoch verwendet

In der medizinischen Realität erfährt der Begriff Burnout dagegen schon seit Jahren Akzeptanz. Aufgrund von vielen individuellen Krankheits- und Leidensgeschichten von Burnout-Patientinnen und -Patienten, die in den Oberberg Kliniken behandelt wurden, wissen wir, dass beide Pole der Diskussion ihre Berechtigung haben. Burnout ist keine Behandlungsdiagnose für einen stationären Aufenthalt, sondern beschreibt auslösende Faktoren im beruflichen und persönlichkeitsbezogenen Kontext, die zu stationär behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankungen, wie z. B. Depressionen, Angst oder Abhängigkeit führen können.

Die Reaktion der Weltgesundheitsversammlung

Die Weltgesundheitsversammlung ist das Gremium der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die regelmäßig das Klassifikationssystem ICD überarbeitet und aktualisiert. Die Weltgesundheitsversammlung hat auf die gesellschaftliche Relevanz des Themas Burnout reagiert und in der neuen, 2022 in Kraft tretenden Version Burnout nun erstmals genauer definiert. Wichtige Symptome sind:

  • ein Gefühl des Ausgebranntseins,
  • innere Distanz zur Arbeitsstelle, oft verbunden mit einer negativen Haltung zum eigenen Job oder Zynismus und
  • geringere berufliche Leistungskraft.

Der Begriff Burnout wird in der ICD-11 allerdings rein auf das berufliche Umfeld bezogen. Ein Ausgebranntsein auf Grund von Überforderung durch häusliche Pflege, Stress wegen Doppelbelastungen in Familie und Beruf oder aus anderen, nicht rein beruflichen Gründen, entspricht laut ICD-11 nicht der Diagnose Burnout.

Burnout als Teil des therapeutischen Konzepts in den Oberberg Kliniken

Für die Oberberg Kliniken ist Burnout daher weiterhin nicht in erster Linie ein diagnostisches Instrument, sondern ein sehr hilfreiches therapeutisches Konzept zur Erklärung unterschiedlicher individueller äußerer (beruflich-bedingter) und innerer (persönlichkeitsbedingter) Stressoren. Es bietet Therapeuten und Patienten die Chance, ätiologische Faktoren für Krankheitsentwicklungen besser zu verstehen und therapeutische Veränderungen im Sinne der Gestaltung einer „ansteckenden“ Gesundheit vorzunehmen.

Häufigkeit von Burnout

Über die genaue Häufigkeit von Burnout in der Allgemeinbevölkerung oder in einzelnen Berufsgruppen kann aus Sicht der Oberberg Kliniken keine qualifizierte Aussage getroffen werden. Allerdings erscheinen uns Einschätzungen in einzelnen Studien, dass ca. 3 – 5 % im Sinne einer ambulanten oder stationären Psychotherapie behandlungsbedürftig seien, nachvollziehbar. Die in vielen Studien genannte hohe Prävalenz von 20 – 30 %, ja teilweise bis zu 50 %, spiegelt aus Sicht der Oberberg Kliniken eher die Tendenz der Veränderung der Arbeitswelt wider als eine genaue Prävalenz eines bis heute nicht genau definierten Syndroms. In unserer Arbeitswelt werden Methodenkenntnisse, Produktivität und Wertschöpfung kontinuierlich weiterentwickelt, während Persönlichkeit, Miteinander und gelebte Werte bzw. Wertschätzung immer mehr in den Hintergrund zu rücken scheinen.

In diesem Kontext bietet (und fordert) die Auseinandersetzung mit dem Thema Burnout für jeden von uns die Chance, über den Bereich der angewandten Medizin hinaus ein ganzheitliches Verständnis für Themen der eigenen Gesundheit zu entwickeln, welches äußere, sprich: berufliche und familiäre, sowie innere persönlichkeitsbedingte An- und Überforderungen beleuchtet und hinterfragt.

 

Wenn Sie oder Angehörige möglicherweise am Burnout-Syndrom erkrankt sind und an einer Aufnahme in den Oberberg Kliniken interessiert sind, nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf!