Persönlichkeitsstörung Borderline

Borderline Persönlichkeitsstörung: Symptome, Ursachen & Therapie

Zwischen Normalität und Krankheit, Distanz und Nähe, ausgelassener Freude und tiefer Traurigkeit. Schwankend und wechselhaft. Impulsiv. Menschen mit einer emotional instabilen Persönlichkeit leben ein Leben der Extreme, sie fühlen Emotionen intensiver als andere. Bildlich gesprochen wandeln sie auf einem Grenzpfad: Stetig droht der Verlust der Balance, das Kippen zu einer Seite, der abrupte Wechsel der Stimmung.

Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS): Was ist das?

Bei der Borderline-Störung handelt es sich um ein schwerwiegendes psychiatrisches Krankheitsbild, welches durch Impulsivität und Instabilität von Emotionen und Stimmungen geprägt ist. Auch die eigene Identität sowie zwischenmenschliche Beziehungen sind davon betroffen. Fachmediziner sprechen von einer „emotional instabilen Persönlichkeitsstörung des Borderline-Typs“.

 

Betroffene setzen sich extremen inneren Anspannungen aus und sehen sich als Opfer der eigenen Stimmungs- und Gefühlsschwankungen. Um diese Anspannungen zu verringern, ist der Einsatz von selbstschädigenden Verhaltensweisen keine Seltenheit. Das eigene Schmerzempfinden nimmt ab und wird als Linderung oder Befreiung empfunden, welches sich in der Regel zu suchtartigem Problemverhalten entwickelt. Menschen, die unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden, leben in ständiger innerer Zerrissenheit, einem gestörten Selbstbild und ungesunder Körperwahrnehmung. Aufgrund massiver Ängste vor dem Alleinsein sind sie unfähig, stabile Beziehungen aufzubauen.

Der Begriff „Borderline“ entwickelte sich in der Historie aus der Verortung der Betroffenen im Übergangsbereich von neurotischen und psychotischen Störungen. Heute gilt die Borderline-Persönlichkeitsstörung nach der Klassifikation der WHO als Unterform der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung. Herauszustellen ist die Komorbidität der BPS, was bedeutet, dass die Störung häufig zusammen mit anderen Persönlichkeitsstörungen auftritt. Die Forschung zeigt, dass ein Zusammenspiel zwischen genetischen Faktoren und traumatischen Erfahrungen für die Entstehung der Krankheit verantwortlich ist. Über die Hälfte der Betroffenen berichtet über ein soziales Umfeld, in dem sie sich in einem hohen Maße als fremd, gefährdet oder gedemütigt wahrnehmen.

Risikofaktoren und Auslöser

Die heutige Forschung geht davon aus, dass mehrere Faktoren zur Entstehung einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung beitragen. Auffällig ist das Auftreten in jungen Jahren, wenn bedingt durch die Pubertät der innere Halt zunehmend ins Wanken gerät und die emotionale Verunsicherung am größten ist. Mit steigendem Alter nimmt die Zahl der Neuerkrankungen ab. EIS wird zudem verstärkt bei jungen Frauen als bei Männern beobachtet. Einen auffälligen Zusammenhang gibt es zwischen traumatischen Erfahrungen und der Erkrankung am Borderline-Typus. So erlebte ein Großteil der Betroffenen in der Kindheit emotionalen, körperlichen oder sexuellen Missbrauch. Werden die damit einhergehenden Empfindungen nicht ernst genommen und mit geringer Wertschätzung seitens der Bezugspersonen abgestraft, verlernen Betroffene in jungen Jahren, Gefühle wahrzunehmen, zu regulieren und Vertrauen in sich selbst und andere zu entwickeln. Auch die genetische Veranlagung spielt eine Rolle: Eine Tendenz zu Impulsivität und emotionaler Feinfühligkeit scheint die Erkrankung zu unterstützen. Auslöser einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung ist also nicht nur ein bestimmter Grund, sondern ein Geflecht aus genetischen und traumatischen Faktoren sowie fehlenden/negativen Lernprozessen.

Therapiemöglichkeiten der Borderline-Persönlichkeitsstörung

Der wichtigste Faktor der Behandlung der BPS ist die Psychotherapie, in Kombination mit dem Einsatz von Medikamenten der Humanmedizin. Es existieren verschiedene Therapieformen, die auf unterschiedliche Schwerpunkte der Erkrankung abzielen:

  • Dialektisch behaviorale Therapie (DBT)
    Die DBT fasst unterschiedliche Methoden zusammen, beispielsweise die Verhaltenstherapie, kognitive Therapie sowie Gestalt- und Hypnotherapie. Je nach Art des Problems wird die passende Methode angewandt. In der ersten Therapiephase werden Fertigkeiten trainiert, die eine Problemlösung für den Patienten ermöglichen. In der zweiten Therapiephase steht die Bearbeitung der schwerwiegenden Störungen des emotionalen Erlebens im Fokus. Die abschließende, dritte Therapiephase behandelt Probleme der Lebensführung.
  • Schematherapie / schemafokussierte Therapie (SFT) 
    Diese Therapieform behandelt entstandene Schemata aufgrund traumatischer Kindheitserlebnisse. Diese Schemata sind stark mit negativen Gefühlen verbunden und tief im Bewusstsein verortet. Ziel ist es, die Schemata zu ändern und den Betroffenen als „gesunden“ Erwachsenen agieren zu lassen.
  • Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT) und Transference Focussed Therapy (TFP)
    Hier herrscht die Annahme, dass die Störung auf einer mangelhaften Ausprägung der Subjekt-Objekt-Differenzierung basiert. Es mangelt an der Fähigkeit, empathisch innere Vorgänge bei anderen Menschen zu erkennen und zu verstehen. Die MBT setzt den Fokus auf eine Affekt- und Impulskontrolle, die sich automatisch positiv auf das eigene Beziehungsleben auswirkt, während bei der TFP die gestörte Objektbeziehung, die oft in der Kindheit entstanden ist, auf den Therapeuten übertragen und dadurch aufgearbeitet wird.
  • Medikamentöse Therapie
    Medikamente, die eine Borderline-Persönlichkeitsstörung alleine heilen können, existieren nicht. Gleichwohl hat die Forschung in den letzten Jahren festgestellt, dass es Medikamente gibt, die stabilisierend und unterstützend eingesetzt werden können. Dazu gehören unter anderem Stimmungsstabilisierer, atypische Antipsychotika und – im Zusammenhang mit Angststörungen oder Depressionen – antidepressive Präparate, z.B. Selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRIs).

Was können Angehörige tun?

Da eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung verstärkt in jungen Jahren zutage tritt, sind es meist Eltern, weitere Familienmitglieder oder Freunde, die erste Auffälligkeiten beobachten. Allzu oft herrscht allerdings noch der Irrglaube vor, dass es sich bei den Symptomen im Sinne der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung um eine Entwicklungsverzögerung handelt. Doch vor allem wenn selbstverletzende Tendenzen oder bereits diesbezügliche Verletzungen erkennbar sind, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Begleitend zur Therapie können Angehörige als verlässliche, vertrauensvolle Stütze zur Seite stehen und lernen, Verbündete des Betroffenen zu werden. In manchen Fällen ist auch eine systemische Familientherapie sinnvoll. Nicht selten brauchen jedoch auch Angehörige Unterstützung, zum Beispiel in Form von Selbsthilfegruppen, in denen sie lernen, welche Art Hilfestellung gewinnbringend ist und wie sie selbst mit unberechenbaren emotionalen Ausbrüchen umgehen, um sich abzugrenzen und zu schützen. Wenn Sie in Sorge sind, dass Ihr Kind Anzeichen einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung aufweist, führt der erste Gang zu einem niedergelassenen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. im Falle einer akuten Krisensituation mit Gefahrenaspekten ggf. direkt in die Notaufnahme einer psychiatrischen Fachklinik.